Text 157, Johann Rosenthal: Wiederholung, Köln 1653

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Text 157

Johann Rosenthal: Außfuͤhrliche Widerhol- und Vermehrung der kuͤrtzen Bedencken vom bestaͤndigen Baw auff den Felsen vnd nicht auff den Sand (...). Durch R. P. Ioannem Rosenthal der Societaͤt Iesu Priestern (...)

Köln, 1653, Hermann Mylius, 95 S.
Ripuarisch (Koeln), Köln.
Zeitraum: VII, 1653.
aufgenommen: S. 4-43, 29.
Verfasser: Johann Rosenthal, Jesuit, *1612 bei Aachen, †1655 in Rom
Drucker: Hermann Mylius, Drucker und Verleger in Köln 1604-†1656
Textart: Kirchlich-theologischer Fachtext
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1 Andaͤchtiger Leser/
2 DJEse Zweyfache Bedencken von der Rede Christi auff
3 dem Berge/ vnd von den Griffen der Vncatholischen/
4 hatte ich auff Glaub vnnd Tugend gerichte meinung
5 geschrieben/ so bald ich das Buͤchlein Sebastiani Curtij, welches
6 er Sandgrund nennet/ gesehen. Hierauff hat Ioannes
7 Crocius zimblich viel dargegen bedacht vnnd auffgesetzt/ dardurch
8 mir zu Gottes Ehr gelegenheit gegeben/ weitere staͤrckung
9 im Catholischen Glauben vnnd Begird des gleichfoͤrmigen Lebens
10 zu erregen. Dahin vnd auff nichts anders ist diese Widerholung
11 vnd Außfuͤhrung angesehen: wie dan auch die folgende von
12 den Griffen. Jch hab vil vrsachen mich der kurtze zu befleissen vnd
13 darumb halte ich mich im schreiben nit allezeit bey der Ordnung/
14 vil weniger bey den weitlaͤuffigen Worten des Gegenbedenckers/
15 jedoch wil ich weder auß einiger Arglistigkeit/ noch auß schew der
16 Warheit das wenigste vbersehen/ Gott gebe vns zu allem
17 seinen Segen. Amen.
Seite 5
1 Zwoͤlff Bedencken von der Red Christi
2 auff dem Berg. Math. 5. 6. 7.
3 Zur Staͤrckung im Catholischen Glauben vnd Leben.
4 Eingang.
5 WEil der Herr IESVS am End dieser seiner Rede
6 sagt/ daß wer seine darin verfassete Wort anhoͤrt vnd ins Werck
7 stellet/ gleich sey einem weysen Mann/ welcher einen bestaͤndigen
8 Baw auff einem Felsen auffuͤhret/ hingegen aber/ welcher
9 sie hoͤret vnd nit haͤlt/ gleich sey einem Narren/ der ein bawfaͤlliges
10 Hauß auffm Sand setzet: hierumb wird es zur ehren Gottes/
11 vnnd vnserer ersprießlichen Aufferbawung gereichen/ daß
12 wir mit seinem Segen seine Wort vom Fuͤnfften Capitul an/ ein
13 wenig widerholen vnd sehen/ auff was fuͤr einen Glauben vnd Leben die erste/ vnd hinwiederumb
14 auff was fuͤr einen Glauben vnnd Leben die andere Vergleichung gehe.
15 Gib vns O du Ewige weyßheit verstand zu diesem end/ damit wir deine Gebott vnnd
16 Geheymnuͤsse lehrnen vnd halten.
17 DV Herr vnser Gott bist die wesentliche/ allwissende/ vnbetriegliche vnnd getrewe
18 Warheit: dir glauben wir durch den Heiligen Catholischen Glauben/ welchen
19 du gibst; wir bawen nit auff Menschen tand/ sonderen auff dein Goͤttliches Wort/
20 wann wir demuͤtig vnnd vertrawlich annemmen was du vns vbergibst durch deine
21 Heilige Kirch/ von welcher du vns gesagt hast/ das wir sie hoͤren sollen/ wann
22 wir nit fuͤr Heyden vnd offenbare Suͤnder woͤllen gerechnet seyn.
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1 Das Erste Bedencken von der Froͤmbkeit/ welche
2 sich in der Catholischen Kirchen findet.
3 WJR bedencken Erstlich/ die Acht Spruͤchlein von der Seeligkeit deß Wegs
4 vnd deß Vatterlands. Wir erfrewen vns vnd dancken dem Herrn/ daß er
5 vns in seiner Heiligen Catholischen Kirchen schooß gesetzt hat/ da wir sehen/
6 wie von so vielen seinen Dienern die hohe hie verfaste Volkommenheit nit
7 nur gelehrt/ sonderen auch mit kraͤfftigen beystand seiner Gnad sehr aufferbaͤwlich
8 geuͤbt wird. Wir erfrewen vns mit S. Augustino / daß wir sehen die so grosse Armut
9 deß Geistes/ welche auch statliche Patrimonia verlaͤst; die so grosse Sanfftmut/ welche
10 die schaͤrffste Schmertzen in bekantnuß deß Catholischen Glaubens ohn widersprechung
11 in so vielen tausenten außgestanden; die so grosse Lieb zum Heiligen Weynen/
12 welche jhr alle Weltliche eitelkeit/ vnd dero gelegenheit abgeschnitten/ vnd das eynsame
13 oder auch Kloͤsterliche Leben erwehlt hat; den so grossen Hunger vnnd Durst nach der
14 Gerechtigkeit/ daß derselbig jhrer so viel angetriben/ ehrlche Wolluste/ vilerley Speiß
15 vnd Tranck/ vnnd andere gemaͤchliche leibsdienste eynmahl fuͤr all hindanzusetzen.
16 Eben so vil kan gesagt werden von der Barmhertzigkeit/ Reynigkeit deß Hertzens/
17 Fridsamkeit/ Außstehung der verfolgung rc.
18 Außfuͤhrung.
19 S. Augustinus ist vns schon vorgangen in dieser Frewd/ vnd hat die jrrende darzu geladen/
20 da er sagt/ Sie sollen bedencken daß in der Catholischen Kirchen " diejenige
21 enthaltung oder abbruch sich befinde/ so sich mit gar wenig Wasser vnnd Brod begnuͤget/
22 vnnd nit nur taͤglich/ sonderen viel tage nacheinander fastet; diejenige Keuschheit/
23 durch welche man auch vermaͤlung vnd Kinderzieglung verachtet; diejenige Geduld/
24 welche auch Creutze vnnd Flammen fuͤr gering schaͤtzt: diejenige Freygebigkeit/ welche
25 die Patrimonia vnder die Armen außtheilt/ diejenige verachtung diser gantzen Welt/
26 welche auch nach deren Todt verlangt.
27 Solche hohe Fuͤrtrefflichkeit dieser vnnd anderer Tugenten will S. Augustinus /
28 daß man ansehen vnd bedencken soll in der Kirch/ welche Catholisch ist/ vnnd Catholisch
29 genent wird/ nit nur von den Jhrigen/ sonderen auch von allen Feinden/
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1 bey welcher der Apostolische Stuhl mit seiner Nachkommenheit vnd Hohen ansehen
2 gefunden wird/ welche die vmbschwebende Ketzereyen verdammet vnnd vberwindet/
3 vnnd hierin/ nach der verheissung IESV Christi / bestaͤndig verharret biß zum end/ also
4 daß sie dißfalls allerdings versichert sey. Darumb ist es vmbsonst/ daß man vns vorwirfft/
5 wir haben vnsere Bedencken auff eine andere Kirch gestelt/ alß Augustinus die
6 seine.
7 Dieser Kirchen Brauͤtigam ist IESVS Christus / welcher sich selbst fuͤr sie hat
8 dargeben. Er hat zu jhrer erbawung Lehrer vnnd Hirten gegeben/ vnnd zu mehrer
9 einigkeit jhnen allen einen vorgesetzt/ welchem er seine Schaaff vnnd Laͤmmer ohne
10 außnam vnd schraͤnckung hat anbefohlen/ gleich wie er für dieselbe ohne maß vnnd
11 schraͤnckung sein leben dargegeben hat.
12 Jn dieser Kirchen betrachtung fahren wir noch fort mit S. Augustino vns zu
13 erfrewen/ daß in jhr die Tugentliche Vbungen/ welche Christus in dieser Rede anbefohlen
14 hat sich noch an jetzo befinden; auch mit der jenigen Fuͤrtrefflichkeit/ welche zwar
15 nit allen vnd jeden Menschen zur erlangung der seeligkeit nothwendig/ aber doch Gott
16 dem Herrn sehr wolgefaͤllig ist.
17 Wann schon die Armut deß Geistes nach S. Augustini vnd anderer erklaͤrung
18 in hertzlicher Demut bestehet/ so zeigt sie sich doch herrlich darin/ daß so viel in der Catholischen
19 Kirch auß begird Christo ( der sich also im stall zu Bethlehem / vnd auffm
20 Berg Calvariæ / vnd im gantzen Leben verdemuͤtigt hat/ ) aͤhnlicher zu seyn/ auch seinem
21 Dienst in den Wercken der Andacht vnnd Seelen eyffers desto ohn verhinderter
22 obzuligen/ zu jhm sagen mit Petro vnnd anderen Aposteln/ " Siehe/ wir haben alles
23 verlassen/ vnd seind dir nachgefolgt. " Wie gleichwol der jenige Juͤngling nit sagen vnd
24 thun wolt/ welcher da ihm ein solches fuͤrgehalten ward/ trawrig darvon gienge/ ob er
25 schon sonsten bekante/ daß er die Gebott von seiner Jugend an gehalten: vnnd ob er
26 schon auch von Christo angesehen vnd geliebt ward.
27 Von solcher vbung der Demut vnd Armut/ wie sie in der Catholischen Kirchen
28 mit Gottes hilff versprochen vnnd gehalten wirdt/ kan der Gegenbedencker nit beweisen/
29 daß sie Ioannes 22. oder ein ander Roͤmischer Bischoff verworffen/ vnnd dem
30 Volck Gottes sie fuͤr gut zu halten verbotten hat; wan er schon nach eingenommenen
31 falschen Bericht von der Lehr die etliche hieruͤber solten fuͤhren/ solche Lehr fuͤr vnrichtig
32 erklaͤrt.
33 Wir fahren auch noch fort vns zu erfrewen in der Sanfftmut Catholischer
34 Blutzeugen Christi; vnnd gedencken von denen/ welche ausserhalb der Catholischen
35 eynigkeit leiden/ was der Apostel sagt. " Wann ich meinen Leib werde dergeben also/
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1 daß ich brennete/ vnd hette aber die Lieb nit/ so nutzt es mir nichts. " Nun aber ( spricht
2 S. Augustinus ) haben die jenigen Gottes Lieb nit/ welche die Eynigkeit der Kirchen nit
3 lieben. " So macht dann S. Gregorius diese richtige schlußred/ " Wer auch immer ausserhalb
4 der eynigkeit der Kirchen leydet/ der kan zwar die schmertzen leyden/ aber er kan
5 kein Martyrer sein. " Vnd darumb wirdts auch jhm ausserhalb solcher eynigkeit nichts
6 fuͤrtraͤglich seyn/ wan er schon sagt/ er leyde vmb deß reynen Goͤttlichen Worts willen.
7 Wir erfrewen vns so viel zu sehen/ welche innerhalb dieser Catholischen Eynigkeit/
8 auch in der Bekantnuß mit verrichtung der jenigen Geheymnuß/ so wir jetzt wider
9 die VnCatholischen bekennen/ jhr Blut mit sanffmuͤtigster Lieb vergossen haben. Wie
10 man noch nit auffhoͤrt in Engelland / Japonien / newen Franckreich vnnd anderstwo
11 solche Exempel fuͤr Augen zu stellen.
12 Eben so hat die Eyntzige Gott geliebte Taube jhre Seufftzer/ darin es jhr ander
13 Voͤgel nit nachthuen/ dan das rechte bußfertige vnd geduͤltige Weynen befindet sich in
14 der Catholischen Kirchen vnd nirgent anderst/ vnnd wie kann alda ein sothanes ernstliches
15 vnd kraͤfftiges Weynen seyn/ wo man immer fort verharret im abschewlichen
16 Laster der Trennung oder vneynigkeit.
17 Daß Hunger vnd Durst vnd hertzliche Lieb zur Gerechtigkeit oder Volkommenheit
18 auch pflege anzutreiben zur erwehlung vnd haltung deß ledigen keuschen Stands/
19 erhellet gantz schon auß dem 7. Capitel des ersten Sendschreibens S. Pauli zu den = Corinthern /
20 da er vnder andern sagt/ " Bistu ohn Weib? so such kein Weib? " Vnd darnach:
21 "Welcher ohn Weib ist/ der ist sorgfeltig fuͤr die jenige Ding/ so deß Herrn seind/ wie
22 daß er Gott gefalle. Welcher aber ein Weib hat/ der ist sorgfaͤltig fuͤr die jenige ding/
23 welche der Welt seind/ wie er dem Weib gefalle/ vnnd er ist zertheilt. Vnnd das Weib
24 welches vnverheyrat ist/ vnnd die Jungfraw geht in jhren gedancken mit den jenigen
25 dingen vmb/ welche deß Herrn seind/ auff daß sie an Leib vnd Geist heylig sey. Welche
26 aber verheyrat ist/ die bekuͤmmert sich mit Weltlichen dingen/ wie sie dem Mann gefalle. "
27 Darnach folgt " So thut dann der jenig wol/ welcher seine Jungfraw verheyratet:
28 der jenig aber thut besser/ welcher sie nit verheyratet. "
29 Nach dieser Apostolischen Lehr wird in der Catholischen Kirchen der Heylige/
30 Gott verlobte Stand der Jungfrawschafft vnd Keuschheit gehalten/ wie von dem selbigen
31 S. Ambrosius bezeugt/ daß zu Alexandria vnnd allenthalben in der Christenheit
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1 nach auffgang der Sonnen/ vnnd in Africa mehr Jungfrawen Gott geheiliget worden
2 ( wie dann solches durch offentliches geloͤbd geschach/ ) als zu Meylen Menschen
3 zu sehen waren. So ist auch bekannt/ wie von diesem Heyligen Stand S. Cyprianus,
4 S. Gregorius Nazianzenus, S. Basilius, S. Hieronymus, S. Augustinus = vnnd andere
5 Alt Vaͤtter geschrieben haben. Nemblich solche Blumen wachsen in diesem Garten:
6 draussen gerathen sie nit.
7 Weit aber ist die Kirch von der Treffelichen Lehr jener Gottlosen Manichaͤer / welche
8 die Ehe verworffen/ weil sie darfuͤr hielten/ sie waͤre von einem boͤsen Vrheber eingesetzt.
9 Jedoch weil Gott in der gnad deß newen Testaments/ durch IESVM Christum
10 vnseren Herrn den Sohn der Jungfrawen/ diese Tugent in seinem Volck so sehr vermehrt/
11 vnnd die Heyligkeit der geheymnuß so groß ist/ so werden billich zu den fuͤrnemmen
12 Dinsten deß Altars die jenigen nit angenommen/ welche nit vorhin versprochen
13 vnbefleckte Keuschheit zu halten: wie der H. Hieronymus bezeugt: " Solche Bischoffe/
14 Priester/ Diacon erwehlet man/ welche entweder jhre Jungfraͤwliche Reinigkeit
15 behalten/ oder vom Eheband auffgeloͤset seind/ oder doch nach angenommenem
16 Priesterthumb ewige Keuschheit beweren. "
17 Eben so wenig gehoͤrt zur teuffelischen Manichaͤischen Lehr die enthaltung von
18 gewissen Speisen/ welche zu verdemuͤtigung der Seel im Gebett vnnd zur Kasteyung
19 deß Leibs angenommen wird; nit aber zur anzeigung eines hasses wieder den Schoͤpffer
20 solcher Speiß/ wie nach offt wiederholtem Zeugnuß S. Augustini von den Manichaͤeren
21 geschach/ Der Schoͤpffer ist gut: vnd seine Gaaben seind gut: man sol jhrer mit
22 Danckbarkeit geniessen/ zur Danckbarkeit gehoͤrt auch die jhm gefaͤllige Messigkeit vnd
23 Enthaltung. Vnd nach dieser maß essen wir ohn aberglaͤubigen vnderscheid/ was man
24 vns vorsetzet; gleich wie wir vns sonst auch von dem vorgesetzten muͤssen enthalten/ wan
25 es zu viel/ vnd vns zur verrichtung vnsers Ampts schaͤdlich ist.
26 Der Catholischen Barmhertzigkeit ist offenbar nit nur in den grossen taͤglichen
27 Allmosen/ sondern auch in Stattlichen stifftungen/ vnd in vielen andern so wol Geistlichen
28 als Leiblichen Wercken dieser Tugent.
29 Die Reynigkeit deß Hertzens lassen jhnen viel in der Vbung deß wahren Glaubens
30 also angelegen sein/ daß sie taͤglich jhre Gewissen erforschen/ jhre Suͤnden offt
31 beichten/ sehr behutsam wandeln/ vnd zwar durch Gottes gnad' in Heyligkeit vnd
32 Gerechtigkeit vor jhm die gantze Zeit jhres lebens.
33 Vnnd eben darin sehen wir zwischen so vielen Menschlichen verwirrungen noch
34 wahre lieb deß Friedens gegen Gott/ gegen den Nebenmenschen/ vnd gegen dem Eigenen
35 Gewissen/ darauß dann entsteht nit nur Gedult/ sondern Hertzliche Freud in widerwertigkeit/
36 vnd verfolgung vmb deß namens IESV willen.
37 Endlich sagen wir mitleidig zu den Widersaͤchern vnnd Gegenbedenckern/ wie
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1 der H. Augustinus / In der Catholischen Kirchen: " Es seind so viel kleine vnd grosse/
2 vber welche alle der Herr seinen Segen gibt nach eines jeden staffel vnd maß/ in dem sie
3 die Evangelische gebott halten/ vnd die im Evangelio versprochene gaaben verhoffen zu
4 erlangen. Aber der vbel gesinnte jrrthumb verfuͤhrt ewer Aug/ daß es nur allein die
5 Sprewer vnserer Denne ansehe/ jhr wuͤrdet den Weitzen bald daselbst sehen/ wann jhr
6 selbst woltet Weitzen seyn. "
7 Wir gestehen/ daß von den Catholischen viel grosse vnnd kleine Suͤnden begangen
8 werden/ es werden jhnen ( insonderheit den Praͤlaten/ der Clerisey/ vnd den Orden-Staͤnden )
9 auch viel angedichtet: weil jhrer nicht wenig sehr Gottselig vnnd Tugenthafft
10 seyndt/ wie man auch mit schrifftlichen Zeugnussen der Vncatholischen kan aufflegen/
11 da sie von Pio 5. Clemente 8. Gregorio 13. vnnd anderen Paͤbsten der
12 naͤchst verflossenen Zeit Herrliche Ding bekennen vnd ruͤhmen/ wie imgleichen auch
13 vom Wandel frommer Geistlichen vnd anderer Catholischen. Jedoch die gaab der
14 Zaͤher vnnd Heiliger betruͤbnuß zeigt sich auch hierin/ daß man den boͤsen vnnd Gott
15 mißfaͤlligen zustand mit hertzlichem mitleyden beweine.
16 Herr erbarme dich vnser/ vnnd gib vns deinen Segen/ wir dancken deiner vnendlichen
17 Freygebigkeit fuͤr deine gaaben: vermehre sie in vns zum lob deines nahmens/
18 damit er nit mehr gelaͤstert werde. Gib daß die Voͤlcker vnnd schaaren/ welche abgewichen
19 seind/ widerkehren/ vnd dich preisen in der Heyligen Eynigkeit/ in deinem lieben
20 Sion / da dir das lob gebuͤrt.
21 Das Ander Bedencken von der Klarheit oder
22 Sichtbarkeit der Catholischen Kirchen.
23 WIR bedencken zum Anderen/ wie vns der Herr zeige die vnverbergliche
24 Statt/ so auff dem Berg ligt/ vnnd mit Apostolischen glantz scheinet/ wir sehen
25 diese Statt an mit dem H. Augustino / da er spricht " Es stehet die
26 Kirch da/ welche allen klar vnd sichtbar ist/ weil sie die Statt ist/ so nit kann
27 verborgen werden/ weil sie auffm Berg ligt/ durch welche Christus herrschet von einem
28 Meer biß zum andern/ vnnd von den fluͤssen biß zu den enden deß Erdbodems;
29 welcher als Abrahæ Same vermehrt ist/ wie die Sternen des Himmels/ vnd wie der
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1 Sand des Meers/ darin alle Voͤlcker gesegnet werden. " Wir preisen Gott in seinem
2 Liecht/ vnnd bedencken in dieser vergleichung mehr stellen seines vnumbstoͤßlichen
3 Worts/ darinnen vns S. Augustinns die Kirch widerumb zeigt/ vnnd spricht: " Es
4 gibt keinerley sprachen noch reden/ darin jhre Stimmen nit gehoͤrt werden. Diß ist gesagt
5 wegen deren/ welche nach empfahung deß Heyligen Geists mit allen sprachen
6 reden wuͤrden. Weil aber eben dasselbige Evangelium angedeutet ward/ das bey allen
7 Voͤlckern vnnd in allen sprachen soll verkuͤndigt werden/ vnnd daß der Leib Christi
8 ( nemblich seine Kirch ) durch alle Welt in allen sprachen erschallen wuͤrde/ so wird im
9 Psalmen weiters gesagt/ In alle Welt ist jhr schall außgangen/ vnd jhre Wort biß zu
10 den enden deß Erdbodems. Dannenhero geschichts/ daß die wahre Kirch keinem verborgen
11 lige: Inmassen auch durch das jenige angezeigt wirdt/ welches der Herr selbst
12 im Evangelio sagt: die Statt kan nit verborgen werden/ welche auffm Berg ligt vnnd
13 darumb folgt im selbigen Psalmen: Er hat seine Huͤtte in der Sonnen gesetzt/ das ist
14 in der klarheit oder offenbahrung/ inmassen in den Buͤchern der Koͤnig gelesen wird/
15 was du heimblich gethan hast/ das wirstu leiden in der Sonnen/ ( Das ist/ offenbahr. )
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17 In diesem bedencken empfinden wir billich ein hertzliches mitleiden mit denen/
18 welche/ auß was auch jmmer fuͤr vrsachen/ sich von der eynigkeit dieser Kirchen haben
19 abgesuͤndert. Weil wir in diesem Liecht nothwendig zugleich erkennen/ was der mehr
20 gemelte Lehrer sagt/ " Tappen dann die nit blinder weise am hellen Mittag/ als weren
21 sie mitten in der Nacht/ welche die alleroffenbahriste Sach/ so allen Voͤlckern zur erleuchtung
22 dargestellt ist/ nit koͤnnen sehen; ausserhalb welcher einigkeit was sie auch
23 jmmer thun/ mit was fuͤr fleiß vnd ernst es auch immer zu geschehen scheint: so nutzt es
24 doch nichts wider den Zorn Gottes; vnnd koͤnnen sie durch solche Spinnen geweb sich
25 der kaͤlte nicht entwehren. "
26 Der Herr/ welcher die Eynigkeit so hoch hat anbefohlen/ erleuchte sie/ damit sie
27 erkennen seine wohnung in seiner Eytznigen/ Heiligen/ Catholischen oder algemeinen
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1 Kirchen. Sie vnderstehen sich vergebens diese Nahmen auff jhre newe/ vnnd so wol der
2 zeit/ als dem ort nach viel zu aͤnge/ dunckele/ vnbekante Versammelungen zu ziehen/ von
3 welchen sie keinen schein geben koͤnnen/ wie vnd wo sie etwa vor zwey hundert vnnd vorigen
4 Jahren gewesen. Der Albigenser / Waldenser / Hussiten koͤnnen sie sich nit behelffen/
5 dann sie seind in jhrer Lehr jhnen viel zu wider: vnnd wannsie nach derselbigen sollen
6 gevrtheilt werden/ muͤssen sie fuͤr Abgoͤtter/ Ketzer/ vnnd Lasterhafftige Leute gehalten
7 werden; dann also seind die Glaubensbekantnussen beyder theil/ das ist/ der jetzigen die
8 sich Evangelisch vnd Reformirt nennen/ vnd der noch aͤltern/ Waldenser / Albigenser /
9 einander in sehr vielen entgegen.
10 Viel weniger koͤnnen sie eine andere Kirch oder versamlung zeigen/ welche allerdings
11 von der Gnadenwahl/ von der Rechtfertigung deß Suͤnders/ von der gegenwart
12 Christi / von seinen Sacramenten/ von der Regierung seines Volcks/ von seinen
13 Heyligen rc. solche Lehr gefuͤrt/ gutgeheissen/ oder geduͤldet hab/ wie sie jetzt hin vnd wieder
14 auch ohne einigkeit vndereinander fuͤhren.
15 S. Augustinus hat die jenige Kirch als die Statt auff dem Berg angesehen/
16 welche in allen obgemelten vnd andern Glaubens sachen bestaͤndig/ vnnd auff einerley
17 weiß dem Goͤttlichen Wort vnd der vnfaͤhlbarn warheit beyfaͤlt/ vnd namentlich/ welche
18 ( wie er mit S. Paulino redet ) " Ins gemein fuͤr die Abgestorbene zu betten pflegt. "
19 Wie dan auch die Heiligen Gottes anzuruffen als Fuͤrbitter fur lebendigen vnnd abgestorbenen/
20 wie dann auch dem eintzigen wahren Gott beym Altar zu opfferen. Wie
21 dann auch den Roͤmischen Bischoff als den Nachkoͤmbling Petri zu erkennen/ welchem
22 der Herr nach seiner aufferstehung seine Schaff hat anbevohlen zu weyden. Vnd
23 eben so vil koͤnd gesagt werden von andern Glaubens Lehren/ die streittig gemacht worden.
24 Wer selbige oder deren etliche muthwillig vnd halßstarrig verneinet/ vnnd sich der
25 Kirchen vnd jhrer Erklaͤrung vnnd Ordnung nit vnterwirfft/ der saget vmbsonst/ er
26 sey nit darvon außgangen.
27 Außfuͤhrung.
28 HIE erklaͤrt sich der Gegenbedencker gnug/ daß er es mit S. Augustino nit kan außmachen;
29 die strahlen scheinen zu hell in die Augen. S. Augustinus hat mit diesem
30 offt widerholtem/ nimmer widerruffenen/ von seiner Zeit Catholischen angenommenem
31 vnd genuhen gehaltem beweißthumb die Donatisten vnd andere Ketzer widerlegt.
32 Er hat jhnen die Kirch gezeigt/ welche nit nur auß einem domaligen fuͤrvbergehendem
33 glantz/ sonder auß Goͤttlicher versprechung vnnd bestaͤndiger Hilff sichtbar sein
34 muß/ als die Statt/ welche auff dem Berg ligt: er hat darbey gezeigt/ das die domalige
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1 newe/ in Africa schwebende Donatistische versammelung oder vielmehr zerstrewung
2 weder eine solche Kirch sey/ noch zu solcher sich koͤnne bekennen.
3 Die Donatisten sagten darwider eben/ was vnser Gegenbedencker sagt/ die Kirch
4 koͤnne wol tunckel vnnd verborgen seyn. Aber es pleibt bey dem/ was S. Augustinus
5 wider Parmenianum schleust. " Es ist keine sicherheit der Eynigkeit zu finden/ es sey
6 dann auß Gottes verheissungen die Kirch erklaͤrt/ welche/ wie gesagt ist/ auff dem Berg
7 gestellt ist/ vnd kan nit verborgen seyn/ vnd darumb ist von noͤthen/ daß sie in allen theilen
8 der Welt bekannt sey. "
9 Ob Augustinus also gelehrt hat/ kan eben so wenig gezweifelt werden/ als ob er
10 wider die Donatisten/ geschrieben hat/ daß der Gegenbedencker sagt/ " Wanns aber
11 schon Augustinus gesagt haͤtte/ so waͤre es doch eines Menschen/ vnnd nit Gottes
12 Wort. " Gibt mir gelegenheit jhn zu fragen/ demnach Augustinus es mir nit als seine/
13 oder eines andern sonderbare meinung/ sondern als Gottes Wort auch auß vnderschiedtlichen
14 stellen der Heyligen Schrifft vorgehalten hat/ ob ich Crocio mehr sol glauben/
15 es sey Gottes Wort/ nit/ sondern das widerspiel sey Gottes Wort/ vnd die Schrifft
16 welche Augustinus beybringt/ sey nit zu verstehen wie Augustinus will/ die Schrifften aber/
17 welche Crocius beybringt/ seyen zu verstehen wie Er will? wer sol in verstaͤndnuß
18 vnd erklaͤrung der Schrifft vnder diesen beyden den Vorzug haben?
19 Es seind auch andere alte Kirchen Lehrer/ welche reden vnnd schliessen wie S.
20 Augustinus. Dann also sagt S. Jrenæus nit nur von der Eynigkeit/ sondern auch
21 von der Klarheit/ " Gleich wie die Sonne/ welche Gottes geschoͤpff ist/ in der gantzen
22 Welt eyntzig vnd eben dieselbig ist; also scheint auch allenthalben das Liecht/ welches ist
23 die Predig der Warheit/ vnd erleuchtet alle Menschen/ welche zur erkantnuß der Warheit
24 zu kommen begeren. "
25 Man kan sehen/ was diesem gleichformig S. Joannes Chrysostomus vber das
26 andere Capitel Jsaiæ hat geschriben. Vnd gewißlich wann nit die Kirch eine bestaͤndige
27 sichtbarkeit hette/ wie koͤnd mann dann zu allen Zeiten in entstehenden Strittigkeiten
28 sich bey jhr angeben/ Wie es Christus verordnet hat? Wie koͤnden deß insonderheit die
29 Lehrer vnd Vorsteher deß Volcks? Wie koͤnd derjenig welcher sie nit hoͤrt/ fuͤr einen
30 Heyden vnnd offenbaren Suͤnder gehalten werden? Wie plieb sie auff jhrem Felsen bestaͤndig/
31 wann sie die Pforten der Hellen so weit haͤtten vbergwaͤltigt/ daß sie gar erstummet
32 were/ sich verkrochen/ oder/ ja zu den Ketzereyen vnd Gottlosigkeit geschwigen
33 hette/ vnd insonderheit zu so groben Papistischen Abgoͤttereyen/ wie sie vnsere Wiedersacher
34 nennen? Wie koͤnden die Heyden in jhrem Liecht wandeln/ vnd die Koͤnig im
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1 glantz jhres auffgangs? vnd so gar/ wo weren die Herrliche Goͤttliche versprechungen/
2 vnd die reichliche Fruͤchten deß leidens Christi verplieben?
3 Wir lassen vns gefallen/ was S. Augustinus von seinen vnd anderer sonderbaren
4 meinungen sagt/ daß man jhnen nit zu sehr anhangen/ auch das man sie frey verwerffen
5 sol/ wann sie dem Wort Gottes zu wider wuͤrden befuͤnden: Wie es mit der meinung
6 vom Wiedertauff deren/ so auß der Ketzerey kaͤmen/ geschehen/ ob mann schon keine
7 schrifft fande/ welche sie vberzeugt haͤtte/ daß solche meinung irrig waͤre.
8 Eben so wenig jrret vns in vnserem Bedencken/ was von den Heidnischen/ Ketzerischen/
9 Antichristischen verfolgungen kan beygebracht werden; dann was also verfolgt
10 wird/ ist nicht vnsichtbar/ sonst wuͤrd man jhm nit so zusetzen. Die Kirch ist auch
11 drumb nit vndertruckt/ ob schon die Feinde eitel triumphieren. Christus herrschte
12 auch sichtbarlich am Creutz/ ob sie schon vermeinten/ sie hetten den gar auß mit jhm
13 gemacht.
14 Gott hat auch zum Elia nit gesacht/ daß die versammelung seiner rechtglaubigen
15 zu der selbigen Zeit gantz verborgen waͤre/ vil mehr zeigte er jhm an/ daß gleich wie
16 er im Juͤdischen Land ( da er mit gewoͤhnlichem offentlichen Dienst verehrt ward ) herrlich
17 bekant ware; also auch sein name noch groß ware in Israel / ob schon Elias als ein
18 sonderbarer Eyfferer daselbst hart verfolget wuͤrde/ vnnd sich als den letzten ansahe/ so
19 nun solte geschlachtet werden/ wie es auch bißweilen in absoͤnderlichen Christlichen
20 Staͤtten oder Versamblungen geschehen. Ich will jetzt geschweigen/ daß auch dißfals
21 dem Volck deß Newen Testaments herrlichere Ding versprochen seind/ als dem Volck
22 deß Alten Testaments.
23 Wir fahren billich fort mit den abgewichenen ein hertzliches mitleiden zu haben/
24 insonderheit/ weil auch sie fortfahren eben so zu jhrer beschoͤnung zu reden/ wie die Donatisten/
25 wider S. Augustini vnwiederlegliche beweißthumb geredt haben; ja wie auch
26 Arianer / Nestorianer / Eurychianer / vnnd fast alle Ketzer; da sie sagten/ = sie bleiben bey
27 dem was Christus vnd die Apostel gelehrt haben.
28 Auß diser Lehr wollen die jenige/ mit welchen wir wegen jhres jetzigen zustandts/
29 ein mitleiden haben/ vberwiesen seyn/ ehe sie sich zur Eynigkeit mit vns begeben/ es ist
30 offt geschehen/ das vberweisen ist vil leichter/ als die bekantnuß vnnd bekehrung anßbringen:
31 Gott gebe sie.
32 Jedoch bitte ich sie erstlich sie woͤllen sehen wie solche vberweisung oder vnderweisung
33 vor der Schrifft habe muͤssen hergehen/ als Abraham vnd andere Rechtglaubige
34 Vaͤtter jhren Kinderen vnnd Nachkoͤmblingen die Goͤttliche geheymnuße vorhielten/
35 wie solche jhnen vbergeben waren? die Schrifft selbst gibt von solcher weise Zeugnuß
36 gnug/ vnd wo ist sie widerruffen?
37 Zum andern bitte ich/ sie woͤllen sehen/ wie man den ersten Christen / ehe die Aposteln
38 vnnd Evangelisten die Feder haben angesetzt/ darthaͤte/ daß diese vnnd jene Lehr
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1 Christi vnd der Aposteln sey/ die ander aber sey nit jhr. Man kann hiervon den Apostolischen
2 Juͤnger Jrenæum sehen.
3 Auß diesen halte ich jhnen drittens in allerley Glaubens Sachen/ die strittig gemacht
4 werden vor/ was S. Augustinus: " Ich halt darfuͤr/ daß wann ein verstaͤndiger
5 Mensch vorhanden waͤre gewesen/ dem der Herr IESVS Christus Zeugnuß hette
6 gegeben/ vnnd wir hetten demselbigen diese frag vorgehalten/ so wuͤrden wir gar keinen
7 schew haben/ das jenig zu thun/ was er sagen wuͤrde; auff daß es nit das ansehen hette/
8 als widerstrebten wir nit so sehr einem solchen Menschen als Christo / welcher jhm
9 Zeugnuß hatte gegeben: nun aber gibt Christus seiner Kirch Zeugnuß. " Wo pleiben
10 dann die jenige/ welche sie nit hoͤren/ nit erkennen wollen? vnnd damit wir widerumb sehen/
11 wie von der Sichtbarn Catholischen Kirchen diß zu verstehen sey/ zeugt der Heyl.
12 Lehrer die Wort an/ welche Christus nach seiner Aufferstehung zu den Aposteln hat
13 gesagt/ " So muͤste Christus leyden/ vnnd am dritten Tag von dem Todten aufferstehen/
14 vnd in seinem Namen Buß vnd Verzeyhung der Suͤnden zu allen Voͤlckern gepredigt
15 werden. " Ist diß das Zeugnuß/ so Christus der Kirch gegeben hat/ krafft dessen
16 wir sie jetzt auch fragen vnnd hoͤren sollen/ so ist gewiß/ daß wir die bestaͤndige sichtbare/
17 Catholische Kirch erkennen vnd annemmen muͤssen.
18 Welche diß nit thun/ die ruͤhmen sich der Eynigkeit Christi vmb sonst mit eben
19 den Worten/ mit welchen es auch andere Ketzer thun/ denen sie gleichwol hefftig widerstehen.
20 Man kann vnser Tractaͤtlein von der Eynfalt hiervon etwas weiters sehen.
21 Wir jrren vns an jhrem ab- vnd vmbsprung nit/ wir forderen billich/ wie sie auch
22 immer nach jhren eigenen meinungen versammelt oder zerstrewt seind/ wie sie auch immer
23 von den jhrigen oder frembden benambset werden/ sie wollen vns zeigen/ in welchem
24 Landt/ Statt oder Dorff man vor Luther Lutherisch/ vor Calvino Calvinisch/
25 vor Huß oder Wickleff Hussitisch oder Wickleffisch/ vor Socino Socinianisch rc.
26 geglaubt/ gepredigt/ gelebt vnd gewandelt hab/ also daß man ein solches Religions wesen/
27 oder vil mehr/ schein gesehen hab/ wie nachmahln bey diesen.
28 Sie Reden vergebens von etlichen im Pabsthumb die es also solten gemacht haben
29 oder noch machen; dann wo waren sie? wo seind sie? seind es etwa solche/ welche die
30 Meß fuͤr ein teuffelische Abgoͤtterey halten/ vnd sie dennoch Lesen oder jhr beywohnen?
31 seind solche/ welche die Communion vnder beyden gestalten fuͤr nothwendig zur seeligkeit
32 halten/ vnnd sich jhrer doch nur vnder einer gebrauchen? welche deß Gebetts fuͤr
33 die Abgestorbenen/ der anruffung der Heiligen/ deß Ablasses rc. sich theilhafftig
34 machen/ vnd sie doch fuͤr verdammlich halten? oder seind solche/ welche nur auß vnvermeidlicher
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1 vnwissenheit anstossen/ vnnd sonsten an Gott glauben/ vnd gegen jhm es wol
2 meinen? aber wie koͤnden sich dieser die Calvinischen mehr ruͤhmen als die Lutherischen/
3 oder andere so diesem beyden zu wider seind?
4 So werden sie es auch nit eyns werden/ zu welchem Theil die Waldenser / vnd
5 andere solche Leut/ sollen gehoͤren/ ob schon ein- oder mehrmahlen ( wie auch offt von
6 vorigen Ketzern geschehen ) etliche jhre Glaubens Lehren also gekruͤmbt/ beschnitten/
7 gefaͤrbt/ daß sie denen/ welchen sie sich begerten zuzugesellen/ etwas linder vorkommen/
8 als sie sonsten wahre. Man frage die Calvinisten in Franckreich / mit was geding
9 sie solches Volck zu ihrer Gemeinschafft haben wollen haben? nemblich anders nit/ als
10 daß sie zuvor die hergebrachte Jrrthumben ablegten/ wie waren sie es dann mit ihnen
11 eyns?
12 Damit mann wahrhafftig sagen koͤnne/ Zween theil seyen eines Glaubens/ ist es
13 nit gnug/ daß sie etliche Ding gemein haben/ sondern es wird erfordert/ daß nit der eine
14 theil etwas/ als von Gott offenbahrt/ glaube vnd lehre/ welchem der ander theil/ nach
15 gnugsamer vorhaltung sich bestaͤndig oder halßstarrig widersetze. Darumb thut es
16 auch hie nit zur Sach/ daß man die Nebenpuncten von den Grund-- oder Hauptpuncten
17 woͤlle vnderscheiden. Es haben auch die Wiedersacher solchen Vnderscheidt auß
18 Gottes Wort nie dar gethan/ ob schon bekannt ist/ daß etliche Glaubens Lehren mehr
19 koͤnnen verschwiegen pleiben/ als die andere.
20 Es gehet eben so wenig ab/ daß sie alle mit jhren Widrigkeiten den Vorsprung
21 auff die Zeiten der Aposteln thun wollen/ vnnd also gleichsamb ein mehrers thun/ als
22 man jhnen abfordert. Christus vnnd die Apostel haben vns eine Kirch gezeigt/ die allezeit
23 bestehen soll/ und sich sehen lassen; diß Zeichen suchen wir billich/ insonderheit da
24 sonst das vorige geschrey von der glechfoͤrmigkeit mit der Lehr der Aposteln allen gemein
25 ist/ ob schon von allen mehrmalen gnugsam bewiesen/ wie sie jhr in der Warheit widersprechen.
26
27 Was Gegenbedencker auff die erste Dreyhundert oder Fuͤnffhundert Jahr
28 schraͤnckt/ das sagten die alten Ketzer vnerschrocken vnd ins gemein/ von den Concilien/
29 so vor jhrer Zeit gehalten/ vnnd von den Bekantnußen deß Glaubens/ die darin gestelt
30 waren. Nemblich mann koͤnne sie nit vberzeugen/ daß sie diesen etwas zu wieder lehren.
31 Vnd ist nit nur mit der Schrifft/ sondern auch mit den so geschribenen als muͤndlich
32 vbergegebenen Glaubens bekantnuͤssen geschehen/ was S. Augustinus sagt/ " Vnder
33 einerley Worten seind vnzahlbare jrrthumben der Ketzer entstanden. " So ist es
34 dann nit gnug/ daß man solche dem Wort nach auffsage/ wann man sich im sinn/ oder
35 außlegung/ oder auch in allen Articulen der Allgemeinen Kirchen widersetzet/ wie bey
36 den Macedonianern / Nestorianern / Eutychianern vnd andern zu sehen. Aber wie jhre
37 falschheiten in den folgenden Concilien vnd Schrifften entdeckt seind/ so ist es auch diesen
38 jhren Nachfolgern widerfahren/ ob es schon nit alle woͤllen gestehen.
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1 Wie hart jhnen diß ankomme/ zeigt vnser Widersacher in dem/ das er hinzusetzt/
2 Solten wir zu mehrerem beweiß außgefordert werden/ so schaffe man vns zuvor aller
3 Vaͤtter Schrifften/ vnd zwar vnverfaͤlscht/ welche von anbegin geschriben haben/
4 vnd zeige wie man erfahren moͤge/ was eine jede sonderbare Kirch von allen fragen
5 zu allen zeiten gelehrt/ vnd zu lehren geduldet hab. nein Croci so viel wollen wir euch
6 nit abforderen/ vnd ist es seltzam/ wie jhr es vns abforderen moͤget.
7 Dann erstlich ist bekannt/ daß vieler Vaͤtter schrifften vndergangen. Zum anderen/
8 daß jhrer viel verborgen/ vnd vns nit in Handen seind. Zum dritten wie wolt jhr
9 selbst auff diese weise einen Vnglaubigen oder vnerfahrnen vberreden/ daß jederzeit das
10 Volck Gottes dieses oder jenes Buch fuͤr einen theil der Canonischen Heiligen
11 Schrifft gehalten? oder auch wie wolt jhr einen ins gemejn vberreden/ daß diß ein
12 solches Buch sey? Zum vierten/ wann man von einem Menschen nit wolte glauben/
13 daß er etwas gesagt hette/ man hette dann dessen so vielfaͤltige Beweißthumb. was wuͤrde
14 diß sein? wie wuͤrde nicht aller Glaub vmbgestossen werden? vnnd warumb sol man
15 es mit dem lieben Gott also machen: dessen Vaͤtterliche Lieb ja vns dißfals gnugsame
16 fuͤrsehung gethan?
17 Zum Fuͤnfften/ Heist das nit reden/ wie Thomas in seinem Vnglauben geredt
18 hat/ " sey dann daß ich in seinen Haͤnden die Mahl der Naͤgel sehe/ vnnd meinen
19 Finger in den Orth der Naͤgel laͤge/ so wil ich nit glauben? " Nit also/ sonderen wie der
20 Herr JESVS sagt: " Selig seind die/ welche nit gesehen/ vnd dannoch geglaubt haben. "
21 O Herr/ du hast deine Zeugnuͤße sehr glaubwuͤrdig gemacht; gib vns Demut/
22 damit wir sie annemmen vnd behalten. Nimb das steinine Hertz hinweg/ vnnd gib das
23 fleischine; damit es nit heisse/ wie von den boͤsen Kinderen Abrahams / " Wann sie
24 Moysen vnd die Propheten nit hoͤren/ so werden sie es auch nit glauben/ wan schon einer
25 vom Todten wuͤrde aufferstehen. " Wann sie es nit annemmen/ wo gnugsame Vaͤtter
26 zur anzeigung/ wie die Kirch einstimme/ angezogen werden/ so wirdts bey jhnen auch
27 nit klecken/ wann sie schon alle auffgelegt wuͤrden.
28 "Das wird fuͤr ein Rhum der Eytelkeit gehalten ( spricht Sanct Augustinus )
29 wann man keinen Kraͤfften der Warheit sich ergibt: welches dem freylich zum Verderben
30 gereicht/ vber welchen ein so grobes Laster herrschet. Denn die vnheilbare Kranckheit
31 laͤst sich auch durch allen angewendten fleiß des Artzts nit vberwinden/ welches
32 Vbel doch nit im Artzt/ sondern im Krancken hafftet. "
33 Gib Herr/ daß wir jederzeit seyen unter deinen eynfaͤltigen Kleinlin/ welchen du
34 deine Geheymnuͤße offenbahrest; vnd zu erkennen gibst/ was die Hoffaͤrtigen Klugen
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1 nit erkennen woͤllen von deiner jmmerwehrender sichtbaren Catholischer Kirchen/ in
2 der Eynigkeit des Glaubens/ welche zwischen anderen Mißhelligkeiten allezeit bleibt/
3 mit bereitem Willen/ wann sie etwas anderst verstehen/ solchen jhren Verstand allezeit
4 dir/ vnd von deinet wegen der Kirch zu vnderwerffen. So gar die Stein der Heiligen
5 Gebaͤw/ die Kleydungen/ Stifftungen/ Gebraͤuch/ Bilder/ Creutzer schreyen jhnen
6 dißfals deine Zeugnuͤß zu; O Gott/ " Wir habens mit vnseren Ohren gehoͤrt/ vnsere
7 Vaͤtter habens vns erzehlt; Ein Tag verkuͤndiget dem andern das Wort; vnnd eine
8 Nacht gibt der anderen die Wissenschafft. "
9 Von eben derselbigen Kirch bleibt es allezeit wahr/ daß sie sichtbar bleib/ alß die
10 Statt auffm Berg/ wie es von jhr S. Augustinus hat gesagt. Diser Lehrer seye doch
11 dem Crocio weder zu Jung noch zu Alt/ vil weniger zu vnerfahren oder vnredlich/ wan
12 er/ wie in anderen/ also auch in den 4. Stucken/ so im Bedencken gemelt seind/ der Kirchen
13 Eynhelligkeit anzeigt zur annemmung Goͤttlicher Lehr.
14 1. Da er sagt/ daß die Kirch gantz vnd ins gemein fuͤr die Abgestorbenen zu betten
15 pflegt/ Zeugt er an/ was von diesem Gebett in den Buͤcheren der Machabæer gelesen
16 wirdt; daselbsten aber lesen wir/ das Zihl dieses Gebetts sey/ " auff daß sie von den
17 Suͤnden loß werden. " Eben so ist heut der Catholischen Kirchen Meinung im allgemeinen
18 Gebett fuͤr die Abgestorbenen/ nemblich daß sie die jenige Nachlassung erhalten/
19 welche sie allezeit gewuͤnscht haben: das ist/ daß sie keine Straff mehr fuͤr jhre Suͤnden
20 außstehen/ vnd wann schon jemahlen etliche von einer kuͤnfftigen Herrschung der
21 Martyrer/ die hie auff Erden sein solle gejrret haben/ ist doch der allgemeinen Kirchen
22 Gebett auß diesem Jrrthumb nit kommen; ja sie pflegt fuͤr die Martyrer nit zu betten.
23 Man hoͤre widerumb S. Augustinum: " Den Rechtglaubigen ist die Kirchenordnung
24 bekant/ wann man bey dem Altar Gottes die Gedaͤchtnuͤß der Martyrer haͤlt;
25 daselbsten man dann nit fuͤr sie bettet/ aber fuͤr andere Abgestorbene/ deren Gedaͤchtnuͤß
26 gehalten wirdt/ bettet man. Dann es ist ein vnrecht/ daß man fuͤr einen Martyrer wolt
27 betten; da wir selbst in dessen Gebett sollen befohlen werden. " So halten wir es mit den
28 Rechtglaubigen/ so wol Griechen / alß anderen. Was sonst vom Stand der abgelebten
29 Freund Gottes bey den Alten geglaubt worden/ gleichfoͤrmig dem/ was wir heut
30 glauben/ befindet sich bey S. Hilario / S. Gregorio Nysseno / S. Epiphanio / = S. Hieronymo /
31 S. Augustino / S. Chrysostomo / S. Ambrosio / Beda / S. Gregorio = Pabst/
32 S. Bernardo vnd anderen. Wiewol auch sonst hierin etliche etwas angestanden/ da sie
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1 hiervon das Goͤttliche Wort vnd die Einstimmung der Kirch in dessen Erklaͤrung nit
2 gnugsam vernommen.
3 2. Von der Ehr. vnd anruffung der Heiligen hette der Gegenbedencker des H.
4 Augustini Wort also fein gantz anzihen koͤnnen/ " Das Christliche Volck pflegt die
5 Gedaͤchtnuͤß ( oder Graͤber ) der Martyrer mit Gottsfoͤrchtiger Feyrung sammentlich
6 zu verehren/ theils damit es zu jhrer Nachfolgung auffgemuntert/ theils auch damit es
7 jhren Verdiensten zugesellet werde/ vnd durch jhre Gebett huͤlff empfahe. Jedoch also/
8 daß wir keinem Martyrer/ sonder demselbigen/ welcher der Martyrer/ Gott ist/ das
9 Opffer verrichten/ ob wir schon zur Gedaͤchtnuͤß der Martyrer Altaͤr auffrichten. Dan
10 welcher Priester hat je an den Orthen der Heiligen leiber/ da er beym Altar stund gesagt/
11 O Petre / oder Paule / oder Cypriane / dir verrichten wir diß Opffer? nit so: sondern
12 was geopffert wirdt/ das wirdt Gott dem Herrn geopffert/ welcher die Martyrer gekroͤnt
13 hat/ bey der jenigen Gedaͤchtnuͤßen oder Graͤberen/ die er gekroͤnt hat/ auff daß
14 auß erinnerung der Oerther selbs groͤssere Lieb in vns enstehe gegen denen/ welchen wir
15 nachfolgen koͤnnen/ wie dann auch gegen dem/ durch dessen Hilff wir es koͤnnen. So
16 verehren wir dann die Martyrer mit solcher Ehr der Lieb vnd Geselschafft/ damit auch
17 in diesem Leben die Heiligen Menschen Gottes verehrt werden/ deren Hertz wir zu solchem
18 Leiden fuͤr die Evangelische Warheit außzustehen fuͤr bereit halten/ jedoch mit
19 diesem Vnderscheid/ daß wir die Seeligen Martyrer desto andaͤchtiger verehren/ je sicherer
20 wir es thun/ demnach sie die Kaͤmpff vberwunden haben/ vnnd je mit vertraͤwlicherem
21 Lob wir diejenigen ruͤhmen/ welche nun im seligern leben Obsieger seind/ alß
22 welche noch im gegenwaͤrtigen kaͤmpffen. "
23 Hette der Gegenbedencker dise Wort gantz gesetzt/ so wuͤrde er vermuͤthlich gesagt
24 haben/ sey vil Sands drin; was Augustinus hie sagt/ sey nit Christi / noch der
25 Propheten/ noch der Apostel Lehr. Aber was von diser Lehr/ zur anstellung eines Christlichen
26 Wandels/ vnnd vbung guter Andacht die Heilige Kirch oder das Christliche
27 Volck empfangen hab/ das kan vns Augustinus besser sagen/ als Crocius / darumb
28 nennet er sie vns auch nit/ Neben-Mittler ( alß wuͤrden sie Christo gleich oder jhm zum
29 Werck vnseres Heyls nothwendig von vns geschaͤtzt ) sonderen wie wir vmb Christi
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1 Lieb willen/ seiner Freund so auff Erden seind/ Gebett begehren/ also auch viel andaͤchtiger
2 vnd sicherer deren/ die bey jhm im Himmel seind.
3 Am anderen angedeuten Orth zeigt S. Augustinus den brauch an/ die todten
4 Christen Leiber in den Kirchen der Heiligen Martyrer zu begraben/ vnd sagt nit ( wie
5 jhm Crocius wider seine außtruͤckliche/ auch vom Crocio angezogene Wort zuschreibt )
6 daß diß nichts nutze/ sondern er sehe nit: " Was diß den Todten helffe/ als/
7 daß wann die Lebendigen sich erinneren/ an was fuͤr Oerther jhrer lieben Freunde Leiber
8 seind hingelegt/ sie alsdann durchs Gebett eben denen Heiligen/ als Patronen
9 beym Herrn dieselbige befehlen/ auff daß sie jhnen behuͤlfflich seyen. " Kan man sich den
10 anderen Heiligen also befehlen/ warumb kan man sie dann nit anruffen? Gestattet mir
11 Crocius / wie von den Engeln/ also auch von den anderen Heiligen/ ich koͤnne nuͤtzlich
12 vnd andaͤchtig von Gott begeren/ daß sie mich beschuͤtzen/ warumb kan ich nit von jhnen
13 begeren/ daß sie meine Patronen bey Gott seyen? oder wissen sie durch Gottes offenbarung
14 das eine/ vnd nit das andere? oder koͤnnen sie das eine vnd nit das andere? S. Augustinus
15 sagt noch weiters zur widerlegung dessen/ was Crocius in diesem vnnd vorigem
16 Puͤnctlein vorwendet: Wann dann das Gemuͤt sich erinnert/ wo des liebsten
17 Freundts Leib begraben sey/ vnd jhm in den Sinn kompt der Orth/ welcher durch des
18 Martyrers Nahmen Ehrwuͤrdig ist so befilcht es mit Gebett vnd Andacht die geliebte
19 Seel eben demselbigen Martyrer. "
20 Daß aber Augustinus daselbst vom uͤblichen brauch des Catholischen Volcks
21 handele/ ist auß dem Buͤchlein bekant gnug. Waͤre es Sand gewesen/ er vnnd andere
22 gelehrten vnnd Heiligen Maͤnner/ die mit/ vor/ vnd nach jhm seind gewesen/ hettens
23 gemerckt/ gleich wie die Aberglaͤubische Mißbraͤuch/ die Crocius hie andeutet/ von = Catholischen
24 Lehreren vnnd Vorsteheren offt vermerckt vnd gestrafft seind.
25 3. Das Opffer welches zu S. Augustini Zeit in der Catholischen Kirchen
26 dem eyntzigen Gott bey den Altaͤren/ Gedaͤchtnuͤßen/ vnnd Graͤberen der Martyrer geschach/
27 vnd noch geschicht/ ist des Priesters in Ewigkeit nach der Ordnung Melchisedech /
28 wie es auch sonst dieser liebe Lehrer mit andern mehrmahlen erklaͤrt hat: vnd
29 wirdt ohn zweiffel darbey gehalten die Gedaͤchtnuͤß des Leydens vnd der Vergiessung
30 des Bluts IESV Christi des Koͤnigs der Martyrer/ dann also hat er es eingesetzt.
31 Bey der haltung aber des Calvinischen vnnd Lutherischen Nachtmahls kan ich mir
32 nit einbilden den von Augustino angezogenen hohen/ vnd dem eyntzigen Gott zustaͤndigen
33 Dienst/ wie dann auch nit dessen vnterscheid von der Ehr so den Heiligen bey den
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1 Altaͤren sol geschehen/ noch andere Theil vnd Vmbstaͤnd/ welche sich im staͤten brauch
2 der alten Kirchen befunden.
3 4. Das eben dieselbige Kirch/ von deren Klarheit S. Augustinus redet/ die jenige
4 sey/ so den Roͤmischen Bischoff/ als den Nachfolger Petri erkennet/ welchem der
5 Herr nach seiner Aufferstehung seine Schaaff hat anbefohlen zu weyden/ ist ja klar auß
6 den angedeuten Worten des H. Lehrers/ da er vnder anderen Bedencken/ welche jhn in
7 dem Schooß dieser Kirchen auffhielten/ auch diß setzet: " Es haͤlt mich drinn/ daß vom
8 Stuhl an Petri des Apostels/ welchem der Herr seine Schaaff nach der Aufferstehung
9 anbefohlen hat/ biß auff den jetzigen Bischoff/ die Bischoffe oͤrdentlich nacheinander gefolgt
10 seind. " So hette freylich der H. Lehrer nit geredt/ wann seiner Zeit die Kirch eine
11 solche Gleichheit zwischen Petro vnd andern Apostelen/ item zwischen den Roͤmischen
12 vnd anderen Bischoffen erkennt hette/ wie die Widersacher wollen fuͤr wenden.
13 Er hette auch in solchem Fall nit so vnerschrocken an einem anderen Orth geschriben/
14 "Sollen wir einen schew haben vns in der jenigen Kirchen Schooß zu verbergen/
15 welche ( wie dem Menschlichen Geschlecht bekant ist ) von dem Apostolischen
16 Stuhl durch das Nachkommen der Bischoffen das allerhoͤchste Ansehen erobert hat/
17 da entzwischen die Ketzer vmbsonst herumb gebellet haben/ welche theils durch des
18 Volcks selbs eigene Verwerffung/ theils durch die Hochheit der Concilien oder gemeinen
19 Priesterlichen Versammelungen/ theils auch durch die Mayestaͤt der Wunderzeichen
20 seind verdammet worden? Gewißlich wer dieser Kirch den Vorzug nit wil
21 geben/ der ist entweder gantz Gottloß/ oder er stuͤrtzt sich selbst durch grobe Vermessenheit. "
22
23 Mach vns Gottseelig/ mach vns demuͤtig guter vnd demuͤtiger IESU / der du
24 ohn außnam ( wie du gesagt ) dein Leben hast dargeben fuͤr deine Schaaff; der du auch
25 ohn außnam deine Schaaff Petro zu weyden hast anbefohlen/ nit daß er Weltlich
26 oder Heydnisch/ hoffaͤrtig druͤber sol herrschen/ sondern in auffrichtiger Sorg vnd
27 aufferbaͤwlicher Lieb/ vnd Demut jhnen vorstehen; wie von jhm vnd so vielen seinen
28 Nachfolgeren biß hieher durch deine Gnad geschehen/ auch demnach sie durch deiner
29 Rechtglaubigen Diener Freygebigkeit in Zeitlichen Guͤtern zur Befoͤrderung jhres
30 Ampts vnd zur Hilff deiner Armen haben zugenommen.
31 Also bitten wir/ vnd lassen vns nit jrren/ was der Gegenbedencker vorwirfft/ dann
32 Erstlich ist diesem nit zu wider/ daß auch die andere Apostel von Christo jhren Gewalt
33 bekommen/ dann der Herr hat dannoch gewolt/ daß Ordnung darin vnnd in dessen
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1 brauch sol gehalten werden/ zu welcher auch neigt die Lieb/ welche er allen anbefohlen/
2 ob er schon Petrum deren absoͤnderlich erinnert/ als er nach gethaner Versprechung
3 jhm die Schluͤssel des Himmels vnnd allgemeine Hirtliche Fuͤrsorg wolt anbefehlen/
4 als dem Mund vnd Fuͤrsten der Apostel/ wie der Gegenbedencker hie gesteht/ daß jhn
5 S. Chrysostomus nennet: darumb kein Wunder/ daß er eben durch diese Apostel/ wie
6 durch andere Apostolische Maͤnner diß hohe Hirtenampt auch bey den Abwesenden
7 hab koͤnnen vben.
8 Eben so wenig ists wider den Vorzug Petri vnnd seines Apostolischen Stuhls/
9 daß auch andern/ die auff diesen Stuhl nit sitzen/ jhm vnd anderen Aposteln im Glauben/
10 Lehr/ vnd Leben sollen nachfolgen/ vnnd dieser Nachfolgung halber gelobt werden:
11 da wir ja auch wissen/ wie wir Christo alle nachfolgen muͤssen/ ohn anmassung eines vnzustaͤndigen
12 Gewalts.
13 Ob schon Paulus so wol als Petrus Bischoffliche vnnd Apostolische Arbeit zu
14 Rohm verrichtet/ doch haben sie es gethan in der Eynigkeit des Geistes/ wie sie von
15 Christo auch in dem erklaͤrt ist/ daß der eyntzige Petrus die Schluͤssel mit der = algemeinen
16 anbefehlung der Schaaff empfangen/ immassen S. Cyprianus schoͤn betrachtet
17 hat.
18 Daß etliche Versammelungen der Bischoffen in sonderbaren Landschafften
19 den jhrigen verbotten gewisse Nahmen zu tragen/ die etwa der Ehrgeitz erfunden hat/
20 benimbt dem Heiligen Petro / vnd seinem Apostolischen Stuhl nichts/ dessen Verthaͤdiger
21 der H. Gregorius auch in eben dem gewesen/ daß er dem Patriarchen zu Constantinopel
22 in dergleichen Ehrgeitzigen mißbrauch vnnd anmassung widersprochen.
23 So ist auch nit gleich darumb die hohe Bottmessigkeit des Apostolischen Stuhls verneint/
24 daß man sich in Africa vnderstanden die Freyheit vnnd vilheit der Appellationen
25 vnd darauß entstehende Beschwaͤrnuͤssen zu verhinderen/ vnd etwa in diesem Eyffer zu
26 weit gangen: dann man erkennt auch vile andere hohe Obrigkeiten/ zu deren man doch
27 nit gleich das Appelliren wil gestatten.
28 Wie sonst zu Augustini vnd voriger Zeit die Christenheit hiervon gesinnet gewesen/
29 wollen wir abnemmen auß dem algemeinen Concilio zu Epheso / zu welchem Augustinus
30 nur durch den Tod verhindert worden zu kommen/ daselbst redet der Priester
31 Philippus des Apostolischen Stuhls Abgesandter also: " Es ist kein Zweiffel/ ja es ist
32 zu allen Zeiten bekant gewesen/ daß der Heilige vnd Allerseligste Petrus / der Fuͤrst vnd
33 das Haupt der Apostelen/ die Saul des Glaubens/ vnd Grundvest der Catholischen
34 Kirch/ von vnserem Herrn IESV Christo / dem Heyland vnnd Erloͤser des Menschlichen
35 Geschlechts/ die Schluͤssel des Reichs empfangen hat/ vnnd daß jhm die Gewalt
36 auffzuloͤsen vnnd zu binden gegeben ist. Welcher biß nun vnd allezeit in seinen Nachkoͤmblingen
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1 lebt/ vnd das Vrtheil vbt. So hat dann vnser Heiliger vnd Seeligster
2 Pabst Celestinus Bischoff welcher dieses Apostels Petri ordentlicher Nachkoͤmbling
3 ist/ vnd seine Stell vertritt/ vns zu diesem Heiligen Concilio gesandt/ damit wir an
4 seiner des Abwesenden statt gegenwaͤrtig seyen. "
5 So hat der Abgesandte geredt; ware es Sand oder Staub vom Antichrist/ warumb
6 widersprach die Christliche Versammelung nit? Warumb ward es fuͤr bekant
7 vnd lieb angenommen? So seind offt von den Catholischen andere Einstimmungen
8 von diesem Punct auffgelegt/ wie dann auch offt vnd gnugsamb dargethan/ wie die
9 Kirch/ von deren Sichtbarkeit Augustinus redet/ in anderen Stucken mit der jetzigen
10 vnnd jmmerwehrenden Catholischen eynig sey.
11 Wir preisen dich darin Herr IESV / der du das wahre Liecht bist/ vnd deine Kirch
12 so schoͤn betrachtet hast. Erbarme dich der Jrrenden/ welche sich selbs verblenden/ gib
13 jhnen den Segen der Erleuchtung vnd Bekehrung: erleucht dein Angesicht vber sie/
14 vnd erbarme dich jhrer.
15 Das Dritte Bedencken von der guͤte der Wercken
16 auß Gottes gnad.
17 ZVm Dritten bedencken wir in den Worten des Herrn/ daß er zu den seinigen
18 sagt: Also scheine ewer Liecht vor den Menschen/ daß sie sehen ewere gute Werck/
19 vnd preisen eweren Vatter/ der im Himmel ist. Wir loben seine Vaͤtterliche Lieb
20 in dem/ daß er denen/ welche seine Kinder seind/ durch Jesum Christum vnseren
21 Herrn/ gnad gibt/ solche Werck zu thun/ die warhafftig gut seind vor seinen Augen.
22 So seind dann nit alle jhre Werck Suͤnd.
23 Außfuͤhrung.
24 WJr haben desto mehr vrsach dem guͤtigsten Herrn zu dancken/ weil er die seinigen
25 so staͤttlich begabet mit Gnaden/ daß auch deren Glantz jhr Glantz/ vnd die gute
26 Werck jhre gute Wercken seind/ so gut ist der Herr/ welcher alles gibt/ ob schon wir auß
27 vns selbs nichts seind/ vnd nichts haben.
28 Darumb woͤllen wir auch des Heiligen Apostels Pauli Spruch nit lesen/ noch
29 bedencken wie Crocius / sondern wie mit der alten Kirchen S. Gregorius. Dann Crocius
30 liset: Nit ich/ sondern die Gnade/ die mit mir ist. S. Gregorius mit der alten Kirchen
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1 liset: " Aber nit ich/ sondern die gnad Gottes mit mir. " Vnnd erklaͤrt es/ " Als
2 sagte der Apostel/ im guten Werck hab gearbeitet/ nit ich/ aber doch auch ich. Dann in
3 dem daß mir die Gnad des Herrn ohn etwas anders ist vorkommen/ hab nit ich gearbeitet:
4 in dem aber daß ich dem Guten mit dem Willen gefolgt bin/ hab auch ichs gethan. "
5 So hat auch S. Augustinus / demnach er die nothwendigkeit Goͤttlicher Hilff
6 vnd Gnad erklaͤrt hat/ hinzugesetzt: In den guten Wercken " wird Gott vnser Helfer
7 genennt: es kan aber einem nit geholffen werden/ er vnderstehe sich dann selbst auch etwas
8 zu thun: dann Gott wirckt vnser Heyl nit in vns/ wie man in den Steinen/ die ohn
9 empfindung seind/ wircket/ oder wie in denen dingen/ in welcher Natur Gott keine
10 Vernunfft noch Willen erschaffen hat. "
11 Dieser Catholische Glaub/ welcher wider die Pelagianer vnnd andere Ketzer in
12 den Concilien vorgehalten ist/ behaͤlt vns wider die Vermessenheit vnnd zugleich wider
13 die Faulheit/ damit wir mit Forcht vnd Zitteren vnser Heyl wircken/ vnnd acht geben/
14 daß wir vns der Gnaden nit entziehen/ sondern dem Heiligen Apostel in dem folgen/
15 das er voͤllig sagt/ " Durch die Gnad Gottes bin ich dasjenig was ich bin/ vnnd seine
16 gnad ist nit laͤr in mir gewesen/ sondern ich hab reichlicher/ als sie alle gearbeitet: aber nit
17 ich/ sondern die gnad Gottes mit mir. " Vnnd also machen wir diß fals keine andere
18 theilung mit Gott/ alß daß wir bekennen/ die boͤsen Werck seyen eigentlich vnsere
19 Werck/ die Gott nit thut/ noch thun kan; die guten aber werden jhm desto danckbarer
20 vnnd volkommener zugeschriben/ weil er sie durch seine vorkommende Gnad in vns
21 anfaͤngt/ vnd durch seine helffende vnd mitwirckende Gnad vollnziehet/ also daß er vns
22 nit nur guts zu haben gibt/ sondern auch guts zu thun/ vnd gut zu sein. Wiewol auch
23 die Gerechten hie auf Erden jhre vilfaͤltigen Suͤnden vnnd Gebrechen billich hertzlich
24 beweynen.
25 Welche aber sagen/ alle vnsere werck seyen Suͤnd/ ist auß jhren Schrifften
26 gnug auffgelegt/ ob sie schon denselbigen selbst widersprechen/ wie zu geschehen pflegt/
27 wann man einmahl von der Warheit vnnd Eynigkeit sich abgesoͤndert hat. Crocius
28 wil vnd kan ohn Zweiffel nit aller deren Verthaͤtiger in allem sein.
29 Herr gib vns nach deinem Wolgefallen/ daß wir vor dir/ vnd vor dem Naͤchsten
30 brennen vnd leuchten/ damit du herrlich gepriesen werdest. " Nit vns Herr/ nit vns/
31 sondern deinem Nahmen gib die Ehr. "
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1 Das Vierte Bedencken von der Freyheit
2 deff Willens.
3 ZVm Vierten bey der weitlaͤuffigen erklaͤrung vnd fuͤrhaltung deß Gesaͤtzes/ wie
4 dan auch bey der draͤwung der straff vnd anzeigung deß lohns dencken wir vnder
5 andern mit S. Hieronymo " Gott hat vns also erschaffen/ daß wir eines freyen
6 willens seind. Vnnd wir werden durch keine noth weder zu den Tugenden/ noch
7 zu den Lastern gezogen. Dann wo noth ist/ da ist weder Verdamnuß noch Cron oder
8 Belohnung. " Vnnd widerumb mit S. Augustino / " Wer sol nit laut sagen/ es sey ein
9 naͤrrisch ding/ wann man einem Gebott wil aufferlegen/ in dessen freyen willen es nit
10 stehet/ daß er vollnziehe was gebotten ist/ vnd daß es vngerecht sey/ wann man den wil
11 verdammen/ welcher nit hat macht gehabt zu gehorchen? vnd verstehen doch die Arme
12 Leut nit/ daß sie diese ungerechtigkeiten vnd missethaten Gott zuschreiben. " Gott behuͤt
13 vns vor dieser laͤsterlichen blindheit/ vnnd erweitere vns Hertz zu lauffen den weg seiner
14 Gebott/ vnd insonderheit zu halten/ was er hie vnd mehrmahln vorgeschrieben von der
15 Bruͤderlichen volkommenen Eynigkeit wider alle spaltung vnd trennung.
16 Außfuͤhrung.
17 AVff welchem Stand wahre belohnung vnd wahre straff der eigenen Werck erfolgt/
18 in demselbigen muß auch wahre Freyheit zum guten vnnd boͤsen gefunden werden:
19 nun aber wird auff den Stand in welchem wir jetzt seind/ wahre belohnung vnnd wahre
20 straff der eigenen Werck erfolgen: So ist dann auch in demselbigen wahre gemelte
21 Freyheit. Der Herr handelte ja damahlen mit den seinigen in dieser rede/ da sie waren
22 in solcher wanderschafft zum Vatterland/ wie wir jetzt seind. Vnnd also gelten auch
23 hiervon die Spruch der H. Hieronymi vnd Augustini / von dessen wahren Schrifften
24 nit eben erfordert wird/ daß jhrer meldung in seinen Retractationen oder im Register
25 Possidij geschehe. Zwar die Suͤnd begeht der Mensch durch seinen eigenen Willen:
26 daß er der Suͤnd widerstrebe/ sie fliehe/ oder vberwinde/ da zu wird die gnad Gottes erfordert;
27 jedoch wann schon die gnaͤdige einsprechung vnd erbietung Goͤttlicher Hilff da
28 ist/ kann vnd wird sie offt vom Menschen nit angenommen. Wann auch der Mensch
29 in den stand der Suͤnd oder feindtschafft Gottes gerathen ist/ kann er durch eigene
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1 Kraͤffte nit auffstehen; aber er kann auch die anerbottene Gnad verwerffen/ er kann
2 auch mit jhr vnd durch sie zu gott widerkehren/ vnd also geschicht in der widerkehrung
3 eben/ was S. Augustinus sagt: " Der dich ohne dich erschaffen hat/ der gerechtfertigt
4 dich nit ohne dich. " Er wil O Mensch daß du auch woͤllest/ vnnd dich jhm freywillig
5 ergebest.
6 So ist dann zur vbung der Freyheit nit gnug ( wie der Widersacher viel woͤllen )
7 daß der Mensch ohn zwang deß willens thue vnd woͤlle was er thut vnnd will; sondern
8 es wird auch erfordert/ daß da er schon alles hat/ was zur vbung deß willens gehoͤrt/ es
9 gleichwol bey jhm stehe/ sich der vbung zu enthalten/ oder des widrigen zu gebrauchen.
10 Drumb hat vns der Heylig Augustinus zum Spruch deß weisen Sirachs / da diß
11 außtruͤcklich vorgehalten wird/ gewiesen vnd gesagt/ daß wir im selbigen " sehen/ wie
12 der freye Menschliche Will auff die beste weise erklaͤrt sey. " Nemblich daß wir wissen/
13 der Mensch sey in der Hand seines Raths auch noch jetzt gelassen/ also daß er das
14 gebottene vnd verbottene koͤnne erwehlen/ seine Hand außstrecken zum Wasser vnnd
15 Fewr/ zum Todt vnd Leben/ nach seinem belieben/ vnd erwehlen was er will.
16 "So sollen dann ( spricht widerumb S. Augustinus ) diejenige sich nit betriegen/
17 welche sagen ( warumb wird vns gepredigt vnd gebotten/ daß wir vns vom boͤsen
18 enthalten/ vnd guts thuen/ so wir es doch nit thuen/ sondern das woͤllen vnnd das thun
19 Gott in vns wircket? ) aber wann sie Kinder Gottes seind/ sollen sie viel mehr verstehen/
20 daß sie von Gottes Geist bewegt werden/ auff daß sie thuen/ was zu thuen ist/ vnd demnach
21 sie es gethan haben/ dem jenigen dancken/ von welchem sie bewegt seind/ dann sie
22 werden bewegt/ auff daß sie thuen/ nit aber auff daß sie nichts thuen. "
23 Da der Herr IESVS hat gesagt/ Der boͤse Baum koͤnne keine gute Frucht bringen/
24 hat er gleichwol nit gesagt/ daß diß eine ohnfreywillige Boßheit sey. Wie sol sonst
25 folgen/ Ein jeglicher Baum der nit gute Frucht bringt/ wirdt außgehawen/ vnnd ins
26 Fewr geworffen werden? ja betracht was er in selbiger Gleichnuͤß hat gesagt/ " Entweder
27 macht den Baum gut/ vnd seine Frucht gut: oder macht den Baum boͤß/ vnd seine
28 Frucht boͤß. " Der Herr gebeut mit diesen Worten das Boͤse nit/ sondern ( wie S. Augustinus =
29 spricht ) " In dem er sagt/ thut diß/ oder thut jenes/ zeigt er die Gewalt an/
30 nit aber die Natur. Dann niemand anders/ als Gott kan den Baum machen: aber es
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1 steht in eines jeden Willen/ daß er entweder erwehle/ was Gut ist vnd ein guter Baum
2 sey/ oder erwehle/ was Boͤß ist/ vnd ein boͤser Baum sey. " Es ist ja klar/ daß diese Lehr nit
3 nur auff den standt der Vnschuld gehe/ so vor dem ersten Menschlichen Fall ware.
4 Dergleichen Wort befinden sich bey dem H. Augustino * an vnterschiedtlichen
5 Orthen/ wie dann auch bey dem Heiligen Irenæo Hilario Ambrosio Gregorio
6 Nazianzeno Chrysostomo Hieronymo Prospero / vnd fast in allen Buͤcheren
7 der Heiligen Altvaͤtter. Ob sie schon demuͤtig vnnd warhafftig darbey bekennen/ nit allein/
8 wie elendig vnsere Natur durch die Erbsuͤnd verderbt/ vnd zum Boͤsen geneigt sey/
9 sondern auch wie wir selbst auß vns selbst ohn Gottes gnad nichts vermoͤgen.
10 Sie ermahnen vns auch billich daß wir in der befindenten Erfahrnuß vilerley
11 Suͤnden ( denen man hie gemeinlich nit allen entgehet/ ) wie dann auch des vorgemelten
12 schwaͤren Lasts/ offt seufftzen zur volkommenen Freyheit der Kinder Gottes; da wir
13 nit nur ohn allen Fall/ sondern auch ohn alle Beschwaͤrnuß vnd Gefahr heilig vnnd
14 selig sein werden; vnd diß alles durch des Herrn Gnad.
15 O Herr gib sie vns kraͤfftig durch dein Goͤttliches Wolgefallen vnnd behuͤt vns
16 vor aller Gottslaͤsterlichen Vermessenheit; damit wir vns nirgent anders innen ruͤhmen
17 dann in dir allein/ der du vns gibst das wir freywillig meiden was boͤß ist/ vnd
18 freywillich woͤllen vnd wircken was gut ist. So ist es dein Werck O Herr/ daß wir newgeboren/
19 zu guten Wercken erschaffen/ lebendig gemacht/ vnnd an statt des steinenen
20 Hertzens ein fleischnes bekommen: du gibst den Glauben/ die Buß/ das woͤllen vnd
21 volbringen der guten Werck/ welche du vorbereitest/ auff daß wir drin wandelen/ nit
22 aber wie Stein oder Hoͤltzer geschepfft werden. Du erwehlest vns vnd nit wir dich; weil
23 nit wir vorkommen/ sonderen du; vnnd du gibst gleichwol daß deine getrewe Diener sagen:
24 "Ich hab deine Gebott erwehlt. " Vnd " Ich hab erwehlt im Hauß des Herrn
25 verworffen zu sein/ lieber/ als in den Huͤtten der Suͤnden zu wohnen. " Dann O Gott
26 du liebest Barmhertzigkeit vnd Warheit/ du O Herr wirst Gnad vnd Glori geben.
27 Behalt vns in der Eynigkeit/ welche du in deiner wahren Kirchen hast auffgerichtet/
28 vnnd behuͤt vns wider die Begird eine newe mit den Kinderen der Menschen auffzurichten.
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1 Das Fuͤnffte Bedencken vom Verdienst.
2 EBen dahin gehoͤrt auch/ daß der Herr im Sechsten Capitel so herrlich vnnd
3 deutlich verspricht die vergeltung dem Almosen/ dem Gebett vnnd dem Fasten/
4 so in guter meinung vnd zu seiner Ehr geschehen. Er ist nemblich so gut/ daß er
5 wil/ seine grosse Gaaben sollen auch vnsere Verdiensten sein. Die Gnad Christi
6 ist so kraͤfftig/ vnd seine Erloͤsung so vberfluͤßig/ daß nit nur die Seligkeit des Vaterlandts/
7 sondern auch des Wegs dardurch werde mitgetheilt: vnd daß man nit allein
8 im Himmel seelig/ sondern auch hie auff Erden heilig/ vnd Gott gefaͤllig leben koͤnne/
9 dann ( wie der Apostel ermahnt ) Die Gnad Gottes vnsers Seligmachers ist allen
10 Menschen erschienen/ vnd hat vns vnderwiesen/ daß wir absagen der Vngerechtigkeit/
11 vnd den Weltlichen Begirden/ vnd leben nuͤchtern/ gerecht/ vnd andaͤchtig im Lauff
12 dieser Welt. Er wircke vnnd vermehre diß in vns/ damit wir nit der Menschen eiteles
13 Lob noch etwas anders/ sondern jhn/ vnd die volnziehung seines wolgefallens in allem
14 suchen.
15 Außfuͤhrung.
16 DJE Werck welche auß eiteler Begird des Menschlichen Lobs geschehen/ haben
17 schon hie jhren Lohn; welche aber der Mensch fuͤr boͤß erkennt/ die kan er nit beschoͤnen/
18 wann er schon sich einer guten Meinung darbey vndersteht. Ob die Jsraeliten alle
19 sich solcher vnderstanden/ bey der anbettung des Kalbs/ sagt die Schrifft nit; das
20 Spiel welches sie darbey geuͤbt/ vnd der eigentliche nahme der Abgoͤtterey/ welchen
21 S. Paulus diesem Werck gibt/ macht mir die sach zu sehr verdacht: eben so vil kan gesagt
22 werden von den wider Gottes Ordnung angestellten Gottesdiensten auff der
23 Hoͤhe.
24 Gewiß ist/ daß solche Werck nit seyen die jenige/ welche Crocius alhier erzehlt/
25 nemblich/ Erstlich Papistischer Moͤnchen vnd Nonnen Geluͤbd. Ist es dann nit gut/
26 daß man Gott gelobe/ was Gott gut geheissen vnd gelobt hat/ vnd welchem er einen
27 sonderbaren Lohn verspricht? " Gelobet vnd haltet dem Herrn ewerm Gott/ alle die jhr
28 vmb jhn her Gaaben beybringet. "
29 Zum Anderen/ Wahlfahrten zu der Heiligen Graͤber. S. Hieronymus ist vns
30 schon in der behauptung dieser Andacht wider Vigilantium vorkommen/ wie dann
31 auch viel andere Vaͤtter in jhrem Lob vnnd Vbung. Wir wissen auß Goͤttlicher
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1 Schrifft selbst/ wie Gott die seinigen in jhren Gebeinen verehret hat/ vnd ewig verehren
2 wirdt.
3 Zum Dritten/ das Geisselen/ Wan Crocius durch dasselbige die bey vielen Geistlichen
4 vnd anderen Catholischen vbliche Leibskasteyung versteht: es sey durch solches
5 Schlagen oder auff ein andere gleichguͤltige weise geschehen/ so gilt doch auch hie das
6 Exempel des Apostels/ welcher seinen Leib kasteyete/ vnnd vnter die Dienstbarkeit
7 brachte.
8 Zum Vierten/ an gewisse Tage gebundenes/ vnd auff den vnderschied der Speisen
9 bestehendes Fasten. Wann Crocius mit diesen Worten nit etwas anders Aberglaͤubisches
10 versteht/ so nemme er die Antwort von S. Paula / von welcher S. Hieronymus
11 erzehlt/ daß da sie wegen jhres strengen Abbruchs angefochten ward/ sie antwortete
12 auß S. Paulo: Es ist gut kein Fleisch essen vnd keinen Wein trincken. Ist
13 es gut zur vermeidung des Aergernuß/ so ists auch gut zur kasteyung des Fleisches zur
14 demuͤtigung der Seel im Gebett/ zur vbung der Buß/ zur mitleidigen erinnerung
15 des Leydens Christi auch an gewissen Tagen. Hoͤre von S. Augustino / wie es vorzeiten
16 geschehen/ " Die Catholischen enthalten sich nit nur vom Fleisch/ sondern auch
17 von etlichen Fruchten der Erden/ entweder allezeit/ wie jhrer wenig; oder doch an gewissen
18 Tagen vnd Zeiten/ wie schier alle durch die Viertzigtaͤgige Fasten: vnnd diß thun sie
19 nit als hielten sie solche Speisen fuͤr vnreyn/ sondern den Leib zu zaͤumen/ vnd die Seel
20 desto mehr im Gebett zu verdemuͤtigen. "
21 Hoͤre auch/ wie S. Cyrillus Bischoff zu Jerusalem einstimme/ " Dann wir
22 fasten mit enthaltung vom Wein vnd vom Fleisch/ nit daß wir sie/ als waͤren sie verfluchte
23 Ding/ hassen/ sondern weil wir auff die Belohnung warten/ damit wir die sichtbare
24 Ding verachten/ vnd geniessen des geistlichen vnd vernuͤnfftigen Tisches/ vnd
25 demnach wir mit Zaͤheren werden gesaͤhet haben/ im kuͤnfftigen Leben mit Frewden
26 ernden. "
27 So kan man auch bey S. Petro Chrysologo / S. Hieronymo / S. Chrysostomo /
28 S. Maximo / S. Leone vnd anderen Altvaͤtteren sehen/ mit was Eyffer die Heilige
29 Viertzigtaͤgige Zeit gehalten/ wie dann auch der Freytag mit der Mittwoch oder
30 Sambstag / vnd andere Zeiten. Finden sich doch auch bey denen die vns hierin straffen/
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1 noch etliche Zeichen dieser alten Andacht/ da sie jhre gewisse auffgesetzte Fastaͤg halten:
2 wir wuͤnschen/ daß sich die gantze Warheit bey jhnen befinde.
3 Zum Fuͤnfften/ im Rosenkrantz gebrauchen wir vns des Gebetts welches vns
4 der Herr IESVS gelehrt hat/ vnd der Wort/ welche der Engel vnd Elisabeth zu desselben
5 lieben Mutter gesagt haben/ mit andaͤchtiger begehrung jhrer Fuͤrbitt vmb ein seeliges
6 Leben vnd End. Wir werden auch vnderwiesen darbey etlicher Puͤnctlein des Lebens/
7 Leydens/ vnd der Herrlichkeit Christi zu gedencken. Warumb sol diß Werck tadelbahr
8 seyn? Der anruffung der Allerseligsten Mutter IESV ist offt widersprochen/
9 desto mehr aber waͤchst sie billich in der werthen Christenheit.
10 Wil Crocius nichts gethan haben/ als warzu man auß Gottes Gebott streng
11 verbunden ist/ so muͤsten gar zu vil Werck auch von jhm vnnd den seinigen jetzt nit geschehen/
12 welche sie doch fuͤr gut halten. Viele muͤsten von den Freunden des Herrn vnderlassen
13 sein/ die auch in der Schrifft gelobt werden. Was den Juͤden von jhren Ceremonien
14 vnd Gerichtsordnungen gesagt ward/ daß sie dieselbige/ wie sie von Gott
15 vbergeben waren solten ohn zusatz vnnd abnemmung halten; darzu halten sich ja auch
16 vnsere Widersacher jetzt nit verbunden: wiewol vns allen obligt/ nichts das Gottes Gebott
17 nit ist/ dafuͤr außzugeben; auch nichts jhm zuwider zu thun. Der guͤtige Gott
18 handlet nit so streng mit vns/ daß er vns alle gute Werck also Gebottsweise aufferlege;
19 aber seine Mayestaͤt vnd Lieblichkeit ist so groß vnd vnendlich/ daß alles was von vns
20 auff andeutung seines guten/ wolgefaͤlligen vnd volkommenen Willens geschicht/ in
21 deroselben Betrachtung billich fuͤr gering vnnd nichts muß geschaͤtzt werden. Vnnd
22 drumb ( wie S. Augustinus sagt ) * " Seind viele Ding zu thun nit auß Befelch des
23 Gesaͤtzes/ sondevn auß freyer Lieb/ vnd seind vnter vnseren Diensten die jenige sehr angenehm/
24 welche wir auß Lieb leisten/ da es vns sonst zulaͤssig ware sie zu vnderlassen "
25 Daß aber die gute Werck der lieben Kinder Gottes in jhrem vbernatuͤrlichem
26 Gnadenwesen sehr Edel vnnd Verdienstlich seyen zur erlangung Ewiger Seeligkeit/
27 wirdt in vilen Stellen Goͤttlicher Schrifft gnugsamb vorgehalten durch die nahmen
28 der voͤlligen Arbeit/ der grossen Belohnung/ so auff die Gedult folgt/ der Kron der Gerechtigkeit/
29 des Lohns/ der wichtigen Glori so auß der gegenwaͤrtigen Truͤbsal/ als dero
30 Wirckung entsteht/ der Vergeltung eines jeden Wercks/ vnd andere mehr. Darumb
31 es wunder/ daß die Widersacher alles auff einen vneigentlichen Verstand wollen deuten/
32 als koͤnde man nit auch auff diesen Schlag ( wie offt geschehen/ vnd noch geschicht )
33 viel andere Goͤttliche Geheymnuͤße außlaͤren/ wann man saͤgte/ sie seyen nur vneigentlich
34 zu verstehen. Aber sol das heissen eynfaͤltig/ auffrichtig/ vnd vertraͤwlich mit Gott
35 vnserm lieben Herrn vmbgehen?
36 Lasset vns seiner grossen Gnad nit vndanckbar sein/ die er vns gbit durch Jesum
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1 Christum vnseren Herrn/ wan wir mit jhme vereinigt seind vnd in ihm vor ihm vbernatuͤrlich
2 leben/ nach der Gleichnus der Reben/ welche in vnd von dem Weinstock leben.
3 Wir seind in / von/ auß vns selbsten vnnuͤtze Knecht/ wir muͤssen desto mehr die
4 Barmhertzigkeit preysen/ die vns Freunde nennet vnd machet. Jn allem muͤssen wir
5 die Gnad erkennen/ in der Bekehrung/ in der Verharrung in der Vollendung: Wir
6 muͤssen mit dem Heiligen Vorlauffer von Christo sagen: Von seiner voͤlle haben wir
7 alle empfangen/ vnnd gnad. vor gnad. " Das ist ( spricht S. Augustinus ) vor diese
8 gnad/ in welcher wir jetzt durch den Glauben leben/ werden wir eine andere empfangen/
9 jedoch was wird sie anderst sein alß gnad? " Dan was ist in vns verdienstlich/ oder
10 zu dieser empfahung bequem gewesen/ welches nit gnad gewesen? vnd darumb setzt
11 billich der Heilig Lehrer hinzu: " Gott kroͤne in vns die gaaben der Barmhertzigkeit. "
12 Meine Seel preyse den Herrn/ vnd alles was in mir ist seinen heiligen Namen:
13 Meine Seel preyse den Herrn/ vnnd vergiß nit aller seiner vergeltungen: welcher vber
14 alle deine Missethaten versoͤhnet wird/ welcher alle deine Schwacheiten heilet: Welcher
15 dein leben vom Vndergang erloͤset/ vnd dich in Barmhertzigkeit vnnd Erbarmungen
16 kroͤnet. Dann ( wie der H. Augustinus widerumb sagt ) " Was fuͤr ein verdienst ist in
17 dem Menschen vor der gnad/ durch welches verdienst er die gnad erlange/ da doch alles
18 gutes verdienst von nichts anders in vns herkompt/ alß von der gnad/ vnnd wann
19 Gott vnsere verdiensten kroͤnet/ er nichts anders kroͤnet alß seine gaaben? Vnnd bald
20 bald sagt er wiederumb/ Das ewige Leben werde darumb eine Gnad genennet " Weil
21 die verdiensten/ welchen es zur vergeltung gegeben wird/ nit von vns bereitet seind
22 durch vnser gnugsames vermoͤgen/ sondern durch die gnad durch vns gemacht/ auff
23 die weise/ welche im vorigem Bedencken angedeutet. Dieser Lehrer vnd seinesgleichen/
24 haben wir den wahren verstand der Wort Christi vnnd seiner Apostel besser fuͤrgehalten
25 alß Crocius. Jch wil mit jhnen sagen/ wie S. Prosper S. Augustini getrewer
26 Juͤnger/ bevorab in der Lehr von der Gnad. " Es wird einem jeden ohn verdienst das
27 jenig gegeben/ dadurch er zum verdionst gelange/ vnnd vor aller arbeit wird das jenig
28 gegeben/ durch welches er nach der arbeit den lohn bekommen. " Endlich mit S. Bernardo /
29 "Zweifels frey seind so wol vnsere Werck/ alß Gottes Belohnungen beyderseits
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1 Gottes gaaben: vnd Gott/ welcher sich auß jhnen hat zum Schuͤldener gemacht/
2 der hat vns auß diesen zu Verdienern gemacht. " So reden auch andere Vaͤtter.
3 O Gott/ gelobt sey deine grundlose/ freygebigste Barmhertzigkeit gegen vns armen
4 Suͤndern/ erhalt vnd vermehre deine Gaaben/ mach vns hertzlich demuͤtig vnd danckbar
5 in der vbung des Heiligen waren Glaubens. Du gibst volkommene Gnaden im
6 Himmel/ vnd werden doch die nit hoffaͤrtig/ welche sie empfangen: O Vatter/ dein will
7 geschehe wie im Himmel/ also auch auff Erden. Alles ist dein/ alles ist gnug gegen
8 deine vnendlichkeit. Wir begeren dir zu dienen mit Forcht vnd Zittern/ auch in betrachtung/
9 daß hie der Mensch nit weis/ ob er der Lieb oder des Hasses werth sey. Jedoch
10 O Herr/ auff dich gehet vnser gantzes vertrawen by dir zu verharren/ vnd ewig dein zu
11 seyn.
12 Sechstes Bedencken/ Von der Eynfalt
13 guter Schaͤfflein.
14 WIr bedencken zum Sechsten/ daß er vns verbiete die anmassung des Vrtheils
15 vber vnsere Bruͤder/ So erheischt dan die billigkeit/ daß man fleissig
16 halte/ was S. Gregorius Nazianzenus sagt/ " Jhr Schaaff solt nit ewere
17 Hirten regieren noch weyden. " Wol denen/ welche/ wie guten einfaͤltigen
18 Schaͤfflein zustehet/ in demuͤtiger Auffrichtigkeit vnter denen blieben seind/ welche
19 jhnen nach der Ordnung jhres Oberhirtens fuͤrgestellet seind/ wissende daß der Herr
20 sie regiere vnd weyde/ vnd jhnen nichts mangeln werde.
21 Außfuͤhrung.
22 DDr Gegenbedencker sagt/ es sey vast mit den haaren herbey gezogen/ was von
23 S. Gregorij Naziauzeni Lehr gemeldet ist: ich halte es mit darfuͤr/ wann ich seine
24 vnd meine meinung vnd andere vmbstaͤnd ansehe. Jedoch der Engel deß Herrn hat
25 auch Habacuc mit den Haaren ergriffen/ vnd zu Daniel getragen/ vnd der H. Apostel
26 hat Timotheum hoch vnd Kraͤfftig bezeugt vnd ermahnt/ er sol mit gelegenheit vnd vngelegenheit
27 das Wort der warheit vorhalten. Darumb woͤllen wir fortfahren euch die
28 die ihr Luthero / Calvino / Zniglio / Brentio / Socino vnd andern mit = verlassung Catholischer
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1 Eynigkeit vnd Warheit gefolgt seid/ ernstlich auß liebe Gottes vnd ewerer Seeligkeit
2 zu ermahnen: Sehet zu was jhr gethan habt. Jhr sagt der Pabst vnnd sein Anhang/
3 so das Hirtliche Ampt vertretten/ haben euch grobe jrrthumben wider Gottes
4 Wort/ als Glaubens Lehren vorgehalten: aber welche seind diese? Jhr habt bißhero von
5 vnserer Glaubens bekantnuß vnd von den Glaubens erklaͤrungen deß Concili zu Trient
6 nit koͤnnen darthun/ daß sie im geringsten dem Goͤttlichen Wort zu widerlauffen.
7 Jhr seid denen gefolht/ welche sich der Eynigkeit vnd dem Gehorsam entzogen/
8 welche von anderen eweren vnd jhren wahren vnd oͤrdentlich Gesandten hohen Vorstehern
9 fuͤr Ketzer vnd bekante Woͤlff erklaͤrt worden. Warumb habt jhrs gethan? wer
10 hat sie gesandt? wie solten sie aber Predigen/ wann sie nit gesand seind? Mann hat im
11 Luther selbst Achtzehn vnderschiedliche Antwort gezehlt auff die frag von seiner Sendung/
12 aber keine thuts jhm.
13 Solts gung seyn/ wann einer sagt/ er predige anders nichts/ als was Moyses
14 vnd die Propheten vnd Aposteln gelehrt haben/ vnd wann er darmit von einem Volck
15 zum Prediger angenommen wirdt; so kann man nit sehen/ mit was fug die allervnderschiedlichste
16 Secten sich vndereinander verwerffen/ vnd namentlich wie die Vnderweiser
17 der Widertaͤuffer von den Calvinischen im gespraͤch zu Franckenthal fuͤr vberzeugt
18 gehalten; ja vil mehr ist da zu sehen wie diese sich der Catholischen Waffen gebraucht
19 haben/ vnd gesagt/ man ruͤhme sich vmbsonst/ daß man bey der Lehr IESV Christi pleibe/
20 wann man sich von der Kirchen IESV Christi absoͤndert.
21 Der Herr hat die Ordnung gemacht/ dessen die Kirch ist. Er hat die seinigen gesandt/
22 wie jhm der Vatter gesandt hat/ so muste es jmmer fort in der Nachfolgung gehalten
23 werden/ vnd die Voͤlcker/ zu denen die Sendung geschach/ musten dißfals nichts
24 newes anfangen.
25 Gib vns Herr/ in Demut / Eynfalt/ vnd insonderheit in rechtem Glauben vnnd
26 Lieb dein Volck vnd Schaaff deiner Weyden zu seyn: laß vns nit in stolze freventliche
27 Vrtheil wider die von dir bestelte Obrigkeit fallen/ auß welche widerspentzigkeit vnnd
28 trennung zu folgen pflegt.
29 Siebendes Bedencken/ von der Gnad deß Gebetts
30 in der Catholischen Kirchen.
31 WJR bedencken zum Siebenden/ daß der Herr auch seine Freygebigkeit in
32 dem erzeige/ daß er woͤlle wir sollen betten/ suchen/ vnd anklopffen. Wnd wir
33 dancken jhm daß er in seiner lieben Kirchen jederzeit die gnad deß verharrlichen
34 Gebetts erhalten. Er vermehre sie vns zum lob seiner Barmhertzigkeit
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1 damit nach dem wunsch der selbigen Kirch/ so wol in den oͤffentlichen Aemptern vnnd
2 vielfaͤltigen Tagzeiten/ als in den absonderlichen gemeinschafften mit Gott/ grosse ehrerbeitung/
3 versamblung/ eyffer/ vnd bestaͤndigkeit werde gefunden.
4 Außfuͤhrung.
5 GOTT ist vnendlich guͤtig vnd mildt/ vnd gibt nit allein was begehrt wird/ sondern
6 auch die Gnad eyfferig vnnd bestaͤndig zu begeren/ welche durch das suchen vnnd
7 anklopffen verstanden wird/ vnnd nichts zu thun hat mit dem Heydnischen plappern/
8 in welchem man sich verhaͤlt/ als were Gott taub/ oder als wolte man jhn krafft der eusserlich
9 weitlaͤuffig vnd zierlich gestelten Worten zwingen.
10 Solche beschaffenheit hats nit mit den Kirchen gebetten vnnd Psalmen des
11 Herrn/ wann in deren brauch geschicht/ was S. Augustinus zu den Gott geheyligten
12 Kloster Jungfrawen schreibt/ " Wann jhr mit Psalmen vnd Gesaͤngen Gott lobet/
13 alsdann sey dasjenig im Hertzen/ was mit dem Mund wird außgesprochen. "
14 So ist auch bey vielen Catholischen Geistlichen vnd Weltlichen vblich das stille
15 innerliche Gebett/ in welchem sie taͤglich eine Stund aneinander oder mehr verharren/
16 vnd in solcher jhrer Betrachtung geht das Fewr Goͤttlicher Lieb munder vnnd hefftig
17 auff.
18 Wie aber der Vatter im nahmen des Sohns werde angeruffen/ ist in den Collecten
19 vnd andern Kirchengebetten/ insonderheit im Ampt der H. Meß deutlich zu sehen:
20 wie dann auch daß wir in der verehrung vnd anruffung der mit Christo lebenden Heiligen/
21 hiervon nit abweichen/ sonderen wie S. Hieronymus redt/ " Wir verehren die
22 Diener/ damit die Ehr/ welche jhnen geschicht/ dem Herrn zukomme. " Wir empfinden
23 vermehrung der Andacht zum Herrn/ auch der Danckbarkeit/ des Vertrawens/ vnnd
24 der Lieb in der Gemeinschafft der Heiligen/ in der Betrachtung der Goͤttlichen Freygebigkeit/
25 wie sie erscheint in den jhnen mitgetheilten Wohlthaten der Gnaden vnnd der
26 Glori. So wirdt auch der Vatter im nahmen des Sohns angeruffen mit darstellung
27 so schoͤner Werck der vnerschoͤpfflichen Verdiensten des Sohns.
28 Darumb gestehen wir nit/ was der Gegnbedencker sagt/ vnsere Andacht werde
29 nit weniger zu den verstorbenen ( warumb sagt er nit in Gott lebenden? ) Heiligen/ als
30 zu Gott gerichtet. Wann die Vergleichung geschicht/ so heist es/ wie wir zu Christo in
31 der Meß sagen: " Erbarme dich vnser dann du allein bist der/ der Heilig/ du allein der
32 Herr/ du allein der Allerhoͤchst/ IESV Christe mit dem Heiligen Geist in der Herrlichkeit
33 Gottes des Vatters. " Nemblich du bist O Gott die wesentliche vnendliche Heyligkeit/
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1 von dir/ durch dich/ in dir ist alles/ was an deinen Freunden vnd Dieneren geschaͤtzt
2 wirdt. Dir sey Lob in allem.
3 Will auch Crocius weiters die Zahl vnd den Jnhalt der Kirchengebett so wol in
4 den Tagzeiten/ als in der Meß ansehen/ so kan er vernemmen/ wie sehr darin seinem
5 Außspruch widersprochen werde.
6 Daß wir vor den Crucifixen vnnd anderen wolgeordneten Bildern wol betten
7 moͤgen/ ist nit allein beschlossen/ sondern auch auß Goͤttlichem Wort vnd altem Herkommen
8 im Siebenten allgemeinen Concilio wol vnd weitlaͤuffig dargethan/ vnd von
9 den Bildstuͤrmeren nimmer mit vernunfft vmbgestossen. Wir muͤssen vns vnserer
10 Augen gern darzu gebrauchen/ damit die Einbildung IESU des Gekreutzigten/ ( in
11 dessen nahmen wir begeren ) desto besser vns innerlich werde eingetruͤckt. Sonsten warumb
12 gebrauchen wir vns jhrer zum lesen? Ja warumb der Ohren zur anhoͤrung des
13 Worts? Ist nit ( wie S. Gregorius sagt ) das Bild den Ansehenden eben das/ was die
14 Buchstaben den Lesenden seind? Warumb haben dann die Calvinisten hin vnd wider
15 so gar alle Bilder auß den Orthen gemeiner Zusammenkunfft abgeschafft/ auch mit
16 grossem Vnwillen der Lutheraner / wie im Gespraͤch zu Mompelgard vnnd in vilen
17 Stellen zu sehen?
18 So vil die Meinung der Bettenden betrifft/ werden wir darvon in der Catholischen
19 Kirchen vnderwiesen/ wie vns Christus in dieser Rede vnd mehrmahln vnderwiesen
20 hat: vnd bevorab das wir alles thun vnd begeren sollen in Kindlicher Lieb vnsers
21 Vatters der im Himmel ist: ob vns schon die Widersacher andere Meinungen woͤllen
22 andichten/ da sie doch vnsere Hertzen/ wann wir betten/ nit durchgruͤnden/ sondern der/
23 zu welchem Salomon sagt: " Du allein kennest das Hertz aller Kinder der Menschen. "
24
25 Erbarme dich vnser O Herr/ vnd gib vns deinen Heiligen Geist/ in welchem wir
26 schreyen Abba Vatter. Wann deine liebe Kirch/ in jhrer wolgemeinter Andacht verspottet
27 wirdt/ wie Anna vom Heli / so sey doch jmmer vnser Hertz auffrichtig vnnd eynfaͤltig
28 vor dir in deinem heiligen vnd wolgeordneten Dienst. So lang wir hie leben/ sey
29 diß vnsere Begird/ daß vnser Gebett vnnd deine Barmhertzigkeit nimmer sich vns
30 entziehe/ sondern wir staͤts betten/ vnd staͤts deine Erbarmung empfinden. Amen.
31 Herr du erhoͤrest die Begird der Armen/ vnd dein Ohr vernimbt die Bereitung
32 jhres Hertzens. Wann schon die liebe Kirch zur Ehr deiner Majestaͤt/ vnnd zu jhrer
33 Gleichfoͤrmigkeit/ Eynigkeit/ vnd Bestaͤndigkeit/ in deinem oͤffentlichen Lob sich nit
34 allerley Sprachen gebraucht/ so gibstu doch jhren Andaͤchtigen Eynfaͤltigen/ daß sie
35 sich darzu mit vereynigen/ vnd verschaffest jhnen gnugsamen Vnderricht auch in jhrer
36 Sprach.
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1 Achtes Bedencken von der Enge des Wegs.
2 WIr bedencken zum Achten Die Enge der Pforten vnnd des Wegs zum Leben/
3 vnd die Breite zum Verderben. Vnnd darumb muß vns keine der jenigen
4 Lehren gefallen/ durch welche der Weg so breit gemacht wirdt; alß da
5 man so grosse Freyheit gibt in Glaubenssachen/ vnd sagt/ ein jeder koͤnne in
6 seinem Glauben selig werden/ da auch man fuͤrgibt die haltung Goͤttlicher Gebott sey
7 vnmoͤglich; man solle nur/ wie man auch jmmer lebt/ an Christum glauben so sey schon
8 alles richtig; auch da man die von Christo eingesetzte Beicht der Suͤnden abschaffet/
9 den Gehorsamb der rechtmessigen Geistlichen vnd Weltlichen Obrigkeit so frey entzeugt/
10 vnd Gelegenheit gibt/ daß man in schwaͤren heimlichen vnd oͤffentlichen Suͤnden
11 sich herumb waͤltze. Wir bitten Gott er woͤlle vns erhalten bey der keuschen saubern
12 Lehr der Catholischen Kirchen/ welche allen Lastern vnd Jrrthumben bestaͤndig widerstrebt/
13 auff daß wir nit allein im Glauben/ sondern auch im Leben vns jhr gleichfoͤrmig
14 stellen.
15 Außfuͤhrung.
16 DIE Exempel deren welche den Weg breit machen/ muͤssen ja nit alle eben Crocium
17 oder die seinigen angehen. Ich hab diese Bedencken fuͤr viel geschriben/ drumb hat
18 er kein vrsach das fuͤr eine Luͤgen oder Schmachred auffzunemmen/ was etwa andere
19 moͤcht angehen/ vnnd er vermeint/ es sey wiedrr jhn geredt.
20 So viel das Erst Exempel betrifft/ findet man jhrer viel/ welche wo nit von allen/
21 jedoch von vielen widrigen theilen/ die Christum bekennen/ vngeschewt sagen/ es sey
22 gleich mit welchem theil man es halte. Zum Exempel ob man Catholisch/ Calvinisch/
23 oder Lutherisch sey/ ein jeder solle nur bey seinem Glauben pleiben/ darin er erzogen ist/
24 vnd im vbrigen woll leben/ das ist ja ein groͤssere freyheit/ als wann man sagt/ wir muͤssen
25 alles glauben was Gott offenbahrt hat/ wir muͤssen keinem was die Catholische
26 Kirch zu glauben fuͤrstelt/ widersprechen/ wir muͤssen alle widerstaͤndige jrrthumben
27 verwerffen.
28 Zum Andern/ Es gibt ja anlaß zum breiten Weg/ wann man ins gemein
29 vom gegenwertigen Stand deß Menschen sagt/ die haltung Goͤttlicher Gebott sey vnmoͤglich/
30 dann diese Red gibt grosse gelegenheit daß man an haltung der Gebotten verzweiffele/
31 vnnd seinen boͤsen luͤsten ohn Zaum folge/ nit nur zu laͤßlichen/ sondern auch
32 groben toͤdlichen Suͤnden.
33 Zwar die Stimme der Gerechten hie auff Erden ist. " Dann wir alle stossen in
34 vielen an. " vnd " So wir sagen/ wir haben keine Suͤnd/ verfuͤhren wir vns selbst/ vnnd
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1 die Warheit ist nit in vns. " Aber in eben derselbigen Epistel/ wo diß steht wird auch von
2 Christo vnnd den seinigen gelesen/ " Jhr wisset/ daß er erschienen ist/ auff daß er vnsere
3 Suͤnd hinnehme/ vnd in jhm ist keine Suͤnd/ ein jeder der in jhm verpleibt/ suͤndigt nit/
4 vnd ein jeder der da suͤndiget/ hat jhn nit gesehen noch erkennt. " Es folgt noch weiters/
5 "Ein jeder der auß Gott geboren ist/ suͤndiget nit. " Darumb muͤssen wir bekennen mit
6 S. Augustino / da er die obangezogene Wort betrachtet/ " Auß dem daß ich sage/ wir
7 koͤnnen hie nit ohn Suͤnd seyn/ folget nit daß wir toͤdschlaͤg/ oder ehebruͤch/ oder andere
8 toͤdliche suͤnden/ welche mit einem streich vmbbringen/ begehen muͤssen/ solche suͤnden
9 thut ein Christ nit/ welcher eines guten Glaubens vnnd einer guten hoffnung ist sondern
10 nur solche/ welche durchs taͤgliche Gebett außgelescht werden. " Sehet so seind die
11 Suͤnden der Gerechten beschaffen/ die Todtsuͤnden aber koͤnnen mit jhrer Gerechtigkeit
12 oder innerlichen heiligmachenden Gnad nit bestehen/ wie die Laͤßlichen bestehen.
13 Darumb lautet der Anfang des Psalmens/ in welchem so offt die haltung Goͤttlicher
14 Gebott begehrt wirdt/ billich also: " Seelig seind die Vnbefleckten auffm Weg. "
15 Vnnd mehrmahlen wirdt vns in der Schrifft gesagt/ wir sollen vnbefleckt wandelen/
16 dann wie widerumb Sanct Augustinus sagt/ " Auch von dem jenigen wirdt nit vngereimbt
17 gesagt/ daß er vnbefleckt wandele/ welcher zwar noch nit volkommen ist/ jedoch
18 laufft er vnstraͤfflich zur Volkommenheit/ vnnd hat keine verdammliche Suͤnden auff
19 sich/ vnd versaumet darneben nit die laͤßliche Suͤnden mit Almosen zu reynigen. " So
20 redet er auch deutlich an einem andern Orth.
21 Zum Dritten/ gibt es nit weniger anlaß sich der Freyheit des Fleisches gar
22 muthwillig oder verzweiffelt zu ergeben/ wann man keinen vnderschiedt wil machen
23 zwischen der auffsteigenden boͤsen Anfechtung/ vnnd der Bewilligung in dieselbige:
24 wann die Menschen jhnen einmahl einbilden/ es hab mit diesen beyden eynerley beschaffenheit/
25 so gehen sie leichtlich den Begirlichkeiten nach/ vnnd wollen keinen widerstand
26 mehr thun/ als welchen sie fuͤr vergebens halten. Die Catholische Lehr aber haͤlt hie
27 beym engen vnd reynen Weg/ nemblich ob schon die Sinn vnnd Gedancken des
28 Menschlichen Hertzens von Jugend an zum Boͤsen geneigt seind/ so sol vnnd koͤnne
29 man doch durch Gottes gnad solcher Neignng alle vnd jedemahl/ wann sie sich zeigt/
30 widerstreben/ vnd mit der bewilligung des freyen Willens einhalten/ dann so lang sich
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1 diser nit ergibt/ suͤndiget man nit. Wie auß dem Goͤttlichen Wort die Heiligen Vaͤtter
2 vnd Catholisch: Lehrer offt vorzuhalten pflegen. Ob sie schon auch bekennen/ daß die
3 hefftige neigung zur Suͤnd auch bißweilen den nahmen der Suͤnd hat/ bevorab weil
4 auch diese neigung von der Suͤnd herkompt. Vnd weil es/ wo sie ist/ nit allerdings ohn
5 Suͤnd abzugehen pflegt/ ob schon der Mensch offt ein grosses/ vnnd schier allezeit etwelches
6 mißfallen dran hat. Im Himmel aber do die Lieb gantz volkommen/ vnnd die vnoͤrdentliche
7 Begirlichkeit nit mehr ist/ do ist auch keine Suͤnd mehr: do ist die Freyheit
8 der Glori der Kinder Gottes.
9 Herr fuͤhr vns dahin durch den Weg/ welchen du zeigest/ da du sprichst: " Wilstu
10 zum Leben eingehen/ so halt die Gebott. " Wir haben kein Gesaͤtz/ darin wir vns mit eynigem
11 fug ruͤhmen moͤchten/ als wider deine Gnad/ wie die hoffaͤrtigen Juͤden vermeinten:
12 wir haben dein gnadenreiches Gesaͤtz/ ohn deine Gnad geschicht nichts/ welche
13 wir durch dich haben Herr IESV / dann du bist der Weg/ die Warheit/ vnd das
14 Leben. Du machst durch die Lieb welche du gibst/ daß auch das jenig leicht sey/ welches
15 vns sonst nit nur schwaͤr/ sondern gar vnmoͤglich waͤre. Gib daß wir dein suͤsses Joch/
16 welchem das alte schwaͤre so weit weichet/ gern tragen.
17 Zum Vierten/ ist viel zu bekannt/ wie breit bey viel tausenden der Weg gemacht
18 sey/ da jhnen gesagt ward/ es sey mit dem Glauben an Christo gnug ohn gute Werck;
19 ob schon darneben die Epistel des Heiligen Petri / vnd andere gelesen wuͤrden. In Lutheri
20 vnd anderer Buͤcher findet man von diesem gnug. Der Glaub welcher durch die
21 Lieb lebt vnd wirckt/ kan freylich nit ohn die jenige Werck sein/ welche zur erlangung
22 der Seeligkeit nothwendig seind. Sonsten kan einer wol glauben/ daß Christus Gottes
23 Sohn/ vnd der Seeligmacher vnd Herr sey/ ob er schon solcher Bekantnuͤß mit boͤsen
24 tod- vnd hellwuͤrdigen Wercken widerstrebt.
25 Zum Fuͤnfften/ die Sacramental Beicht/ wie sie von Christo eingesetzt vnd in
26 der Catholischen Kirchen staͤts gehalten/ gehoͤrt zu der heilsamen Enge/ nit nur von wegen
27 der Verdemuͤtigung/ sondern auch wegen der Bußfertigen Bekehrung des Herzens
28 zu Gott/ vnd der Gnad so durch diß Sacrament wird mitgetheilt. Wann schon
29 etliche/ die auch vornehmen Papisten moͤchten genennt werden/ hiervon etwas jrrig
30 geredt oder gedeut hetten/ wirdt es doch vergebens angezogen werden wider den bekannten
31 Glauben der Catholischen Kirch. hat auch keinen verfang/ daß durch Menschliche
32 Satzung ein solches Werck mit solcher Einbildung der Obligenheit hette koͤnnen
33 eingefuͤhrt werden/ so hette schon zu S. Pauli Zeit die Empfahung des Leibs vnnd
34 Bluts Christi muͤssen abgeschafft werden. Wessen sol sich die Menschliche Boͤßheit
35 nit mißbrauchen/ da sie sich auch wider die Goͤttliche Heiligkeit vnd Gerechtigkeit mit
36 Haß vnd Lasterung auffbaͤumet?
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1 Zum Sechsten/ wie die Enge des Gehorsams sol bestehen/ wann einem jedwedern
2 in allen Faͤllen frey steht das Gesaͤtz anders zu verstehen vnd zu erklaͤren/ als es die
3 Obrigkeit ins gemein versteht vnd erklaͤrt/ kan ich nit sehen. Jch bitt aber/ man woͤl gedencken/
4 wie es dißfals zugangen/ alß man sich von Catholischer/ bekanter/ durch langwiriges
5 herkommen bevestigter Geistlicher Obrigkeit hat abgesoͤndert.
6 Was Weltliche Obrigkeit nit nur von wegen boͤser Sitten/ sondern auch newer
7 Lehren hab leiden muͤssen/ vnd noch leide/ wirdt nit nur in innerlichen Seufftzen der
8 Hertzen/ sondern auch in eusserlichen algemeinen Thaten gnugsam empfunden. Viel
9 Herrn/ welche man vnderm schoͤnen nahmen Evangelischer Freyheit vberredt hatte/
10 es sey ein schoͤnes Ding vmb die Abwerffung des Paͤbstischen vnnd Bischofflichen
11 Jochs/ haben darnach auß diesem Vrsprung viel schwaͤrer befunden/ daß diejenige/
12 welche an der Catholischen Geistlichen Obrigkeit eine Weltliche/ hoffaͤrtige Weise zu
13 herrschen tadleten/ eben dieselbige/ wiewol nit im nahmen/ jedoch in der that selbst viel
14 staͤrcker geuͤbt haben.
15 Wir bitten/ O Gott durch IESVM Christum vnsern Herrn/ welcher gehorsam
16 worden biß zum Todt des Creutzes/ erhalte vns in der guter Ordnung die du gemacht
17 hast durch dein vnbeflecktes Gesaͤtz/ welches die Seelen bekehrt. Die Vngerechten
18 erzehlten vns viele Gedicht; nichts aber ist wie dein Gesaͤtz. Diß sey durch
19 deine Gnad allezeit in der Mitte vnsers Hertzens. Amen.
20 Das Neunte Bedencken/ Von den falschen
21 Propheten.
22 WJr bedencken zum Neunten die warnung des Herrn von den falschen
23 Propheten/ welche zu vns kommen in Schaaffskleideren/ vnd seind inwendig
24 reissende Woͤlff/ auß jhren Fruͤchten sollen wir sie erkennen. Seind die jenigen
25 falsche Commissarien/ Bottschaffter/ Verwalter/ die von den Ober-Herrn/
26 welchen solches zustehet/ keine Sendung noch Bottmaͤssigkeit haben/ so seind
27 es auch falsche Propheten oder Lehrer/ welche sich vnterstehen zu predigen/ vnd seind
28 doch nit gesandt/ Diese Sendung muß vom Herrn seyn/ dessen das Euangelium
29 ist: die jenigen ruͤhmen sich jhrer vergebens/ welche mit keinem schein darthun koͤnnen/
30 wie sie der Herr auff eine ohnmittelbahre oder vngewoͤhnliche weise/ noch auch
31 durch die von jhm biß daher gehaltne Ordnung vnd Succession/ hab abgefertigt; insonderheit
32 da sie solcher Ordnung/ vnd darin angesetzter Obrigkeit/ vnnd so gar dem/
33 welcher ist der Gott des Friedens vnd Eynigkeit/ widerstreben.
34 Sie kommen gleichwol in Schaaffskleidern/ sie zeigen eine lieb zur Goͤttlichen
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1 Schrifft: aber ( wie S. Jrenaͤus sagt ) der boͤse Feind hat Christum also versucht/ = daß
2 er " die Luͤgen verborgen vermittelst der Schrifft/ welches alle Ketzer thun. Vnnd
3 S. Gregorius Nazianzenus sagt von jhnen/ sie sein Gottesraͤuber in der Schrifft/
4 vnd in dem sie den verstandt dessen/ was geschrieben ist/ stehlen/ verkehren sie viele auff
5 jhre seiten. " S. Petrus hat vorhin gesagt von seines mit Apostels Pauli Schrifften/
6 "Jn welchen etliche stuͤck seind schwaͤr zu verstehen/ welche die vngelehrten vnd vnbestaͤndigen
7 verkehren/ wie auch andere Schrifften zu jhrem selbs eignen verderben. " Nit
8 weniger nemmen sie an einen schein der Gottseligkeit vnnd frombkeit in jhrer Lehr/ sie
9 gebrauchen sich sanfftbilliger/ holdseliger wort vnd geberden; sie sagen/ sie suchen nur
10 abschaffung der Mißbraͤuch/ troͤstung der beaͤngstigten Gewissen/ reinigkeit des Goͤttlichen
11 dienstes: entzwischen geschicht was der Apostel sagt/ " Durch suͤsse reden vnnd
12 benedeyungen verfuͤhren sie die gemuͤther der vnschuͤldigen. "
13 Vnd also seind sie inwendig reissende Woͤlff: sie toͤdten die Seelen/ sie zerstrewen
14 die Herd/ sie zerbrechen die Eynigkeit/ ohn welche die Seeligkeit nit erlangt wirdt. O
15 daß die groͤsse dieses Schadens recht wuͤrde geschetzt Man hat ein mitleiden mit den
16 vierfuͤssigen Schaffen/ wan der Wolff einsetzt; vnd wie ist man gesinnet gegen den ienigen
17 Schaffen/ fuͤr welche der gute Hirt sein leben hat dargeben?
18 Man sehe nur die Fruͤchten an/ darauß man die falsche Propheten erkennet; niemand
19 kann verneinen/ seyen boͤse fruͤchten/ da vermoͤg der newein gebrachten Lehr
20 diese ding folgen/ daß die geloͤbde/ welche Gott dem Herrn von guten jhm gefaͤlligen
21 Wercken gethan seind/ vbertretten werden; daß die Kloͤster auff vngebuͤrliche weise werden
22 außgelert/ daß es der geloͤbdbruͤchigen so viel gibt/ von welchen S. Augustinus billich
23 sagt/ " Wann eine Nonne wird heyraten/ so wird sie fuͤr eine Ehebrecherinn Christi
24 gehalten werden. " Es seind boͤse fruͤchte/ daß den armen vnd mit begirlichkeiten angefuͤlten
25 Menschlichen Hertzen die Thuͤr vnnd Weg der fleischlichen Freyheit so weit
26 eroͤffnet werden/ daß man mit so grossen Auffruhren sich den Obrigkeiten widersetze/
27 dieselbige abschaffe/ vnd so viel guter alter Ordnung vmbkehre/ also daß man an solchen
28 falschen Propheten ja̅mmerlich sihet/ was S. Cyprianus sagt " Diese seinds/
29 welche bey den jenigen/ die sich freventlich zusammen rotten/ sich selbs ohn Goͤttliche
30 Anordnung vorstellen/ sie machen sich zu Vorsteheren ohn alles Gesaͤtz der oͤrdentlichen
31 Weyhung. Keiner gibt jhnen das Bischthumb/ vnnd sie nemmen den Bischofflichen
32 Nahmen an. Sie werden vom Heiligen Geist in den Psalmen angezeigt/ als die
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1 auff dem Stuhl der Pestilentz sitzen; sie seind die Pest vnd fangende Kranckheiten im
2 Glauben; sie betriegen durch den Mund der Schlangen/ sie seind Kuͤnsteler zur verderbung
3 der Warheit; sie speyen toͤdtliche Gifft mit jhren Pestilentzischen Zungen; jhre
4 Red reist umb sich wie der Krebs. "
5 Der Herr erbarme sich uͤber vns/ damit nit mehr so viel arme Seelen von jhnen
6 verfuͤhrt werden zum jaͤmmerlichsten Verderben/ da jhnen der Weg zu den Suͤnden
7 eroͤffnet wirdt/ vnd die Thuͤr zur Versoͤhnung verschlossen/ mit abschaffung der Sacrament
8 IESV Christi / vnd des Priesterlichen Gewalts zur vergebung der Suͤnden.
9 Welches Elend vnd aͤrgeste Frucht viel mehr bey den jetzigen/ als bey den vorigen alten
10 Ketzereyen vnd Trennungen gefunden vnd beweynt wird.
11 Außfuͤhrung.
12 WEitere Außfuͤhrung dieses Bedenckens stellen wir den Liebhabern der Warheit
13 vnd Seeligkeit heim/ vnnd bitten den Heyligen Geist/ er wolle sie jhnen geben
14 zur staͤrckung im Catholischen Glauben vnd gleichfoͤrmigem Leben/ wie auch zur wiederlegung
15 dessen/ so von den Protestirenden darwider geschriben vnnd geredt wird/ wie
16 wir im Titul dieses Wercks gedachten: in welchem der Name der Protestirenden verstanden
17 wird/ wie im Concilio zu Trient / vnnd darumb vielmehr begreifft als die jenige/
18 welche es mit Crocio in Glaubens sachen halten: immassen dann auch zur staͤrckung
19 im Catholischen Glauben gehoͤrt: daß wider allerley jrrthumben vnnd trennungen gehandelt
20 werde; So ist dann auch nit noͤtig/ daß eben alles/ was gesagt wird auff einen
21 absoͤnderlichen theil gezogen werde: man kan den anderen auch etwas lassen.
22 Jm vbrigen seind vil Wort wieder diese Bedencken auffgesetzt/ aber wer nur die
23 vorgehaltene Sach demuͤtig vnnd andaͤchtig bedenckt/ kann solcher Wort noch viel
24 mehr durch Gottes gnad ohn weitere schrifftliche erinnerung wiederlegen. Doch kuͤrtzlich
25 vnd Exempels weise.
26 1. Ein solcher wird wol mercken/ was es fuͤr ein beschaffenheit hab mit der
27 gleichnuß der Koͤniglichen Armee. Der Gegenbedencker vermeint/ daß gleich wie es
28 den Vnderobern wol wuͤrde anstehen wieder die Hoͤhere die Waffen zu wenden wann
29 sie vom Koͤnig abfielen/ oder jhm nach der Cron griffen/ oder anderen darzu befoͤrderen
30 wolten; also haben auch zu Luthers vnnd Calvini Zeiten die jenige vorhin nach der Catholischen
31 Kirchen Ordnung bestelte Priester vnd Prediger recht gethan/ daß sie sich
32 dem Pabst vnd jhm anhangenden Bischoffen vnd Pristern widersetzt.
33 moͤchte diese gleichnuͤß wol etwas gelten/ wann IESVS vnser Herr vnnd
34 Koͤnig/ seine Kirch nit hette auffm Felsen gebawt wann die Pforten der Hellen sie vberwaͤltigen
35 koͤnten; wann er nit selbst biß zum End der Welt bey jhr waͤre/ wann er nit
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1 fuͤr sie gebetten hette/ daß der Heylig Geist ewiglich bey jhr blieb rc. So wird auch gemelter
2 Nachdencker solche Vnderobern leichtlich fragen/ ob solcher Abfall der Hoͤhern
3 zu jhrer Zeit erst widerfahren oder vorhin? das Erst werden sie nit sagen/ weil man zu
4 Luthers Zeit nit erst anfing Meeß zu lesen/ Heyligen anzuruffen/ fuͤr Abgestorbenen zu
5 betten rc. Waren sie dann vorhin vnd zwar so viel Hundert Jahr/ wie haben es endlich
6 diese zum ersten gemerckt oder gebessert? haben die vorigen jhres Koͤnigs ehr so wenig
7 geachtet? wie seind sie dann seine Soldaten gewest? die sach ware ja auch vorhin nit so
8 heimlich/ was fuͤr Zeichen moͤcht man an den newen haben groͤsserer Geschickligkeit/
9 Heyligkeit oder Gemeinschafft mit dem Koͤnig? die vorigen hatten ja auch die Schrifft/
10 sie baten auch vmb jhren verstand: kunden sie dann auß derselbigen den Abfall/ alß waͤre
11 er geschehen nit dar thun? Nein/ wie es die newen auch noch nie gethan haben/ noch
12 koͤnnen thun. Daß aber auch etliche bey den Catholischen sich vnzimblicher mittel gebrauchen/
13 Kirchen Aempter zu erlangen/ ist zwar sehr vbel gethan: aber wann sie doch
14 das Ampt vnd dessen vbung warhafftig haben/ weydet der Herr auch durch sie/ die es
15 aber nit haben/ vnd doch es jhnen selbst anmassen/ werden billig falsche Beampten genent/
16 ob sie schon viel ware Reden fuͤhren.
17 2. Zum andern erinnere ich/ daß S. Augustinus dem Gegenbedencker hie widerumb
18 im Weg stehe/ so viel die vnderfangene Nonnenehe betrifft/ welche Augustinus
19 einen Ehebruch so wieder Christum ist/ nennet. Crocij antwort hierauff ist/ Das ist
20 ein Menschen/ vnd nit Gottes Wort/ gehoͤret demnach nicht zum Felsen/ sondern zum
21 Sandbaw. Wir koͤnnen jhm aber zeigen/ daß es Augustinus fuͤr Gottes Wort gehalten/
22 also spricht er/ " Was sie ohnbedingt versprochen haben/ muͤssen sie auch ohnbedingt
23 halten/ vnnd durch kein beding brechen/ dann man verstehen muß/ diß habe auch
24 der Herr befohlen wo gelesen wird/ Gelobet vnnd haltet dem Herrn eweren Gott/ darumb
25 sagt der Apostel von etlichen/ die nach gethanem geloͤbt der endthaltung/ Heyraten
26 wollen ( welches jhnen ja vor dem Geloͤbd frey stund ) sie haben die verdamnuͤß vber
27 sich/ weil sie die erste trew gebrochen haben. "
28 Vnd sol dann kein redlicher Mensch Augustino / vnd andern so vielen seiner vnd
29 folgender Zeit Lehrern widersprochen haben/ wann sie solche Lehr/ zu so vieler ( wie es
30 Gegentheil deutet/ ) Gewissensangst anderswoher auff die bahn bracht hetten? Sol sie
31 bey der gantzen langwirigen Christenheit in so oͤffentlichem schwang gewesen sein? Wir
32 woͤllen es mehr mit jhr halten/ als mit Crocio vnd seinem widerbeygebrachtem schon
33 vor 70. Jahren verworffenen Fabelkram von den Dreyhundert Kinderkoͤpffen/ die
34 bey einem Nonnen Kloster im Fischteig sollen gefunden sein. Man leß Georg. Scher.
35 im andern Theil der Streitschrifften am 171. Blat.
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1 Was von der Beschwaͤrnuß der Keuschheit gesagt wirdt/ kan auch der Ehelichen
2 Keuschheit in guter maß zugeeignet werden/ vnnd sie muß doch gehalten sein.
3 Wann der Pabst dißfals Henrico 8. dem Koͤnig in Engelland hette doͤrffen zulassen/
4 was Luther dorfft zulassen/ nemblich Zwey Weiber zugleich zu haben so moͤcht
5 er blieben sein/ wie jhn Crocius hie nennet/ Paͤpstisch; Wie sol er aber so gewesen sein/
6 als er sich selbst das eyntzige Haupt der Engellaͤndischen Kirchen nennte/ ob er schon
7 nit Lutherisch noch Zwinglisch ware?
8 Daß es im Klosterleben bißweilen schwaͤre Suͤnden gibt/ hat auch S. Augustinus
9 bekannt/ da er schreibt: " Ich bekenne ewerer Lieb eynfaͤltig vor Gott vnserm Herren/
10 welcher der Zeug ist vber meine Seel/ daß demnach ich Gott angefangen hab zu
11 dienen/ gleich wie ich schwaͤrlich bessere hab gefunden/ als welche in den Kloͤstern haben
12 zugenommen/ so hab ich keine boͤsere gefunden/ als welche in den Kloͤstern seind gefallen. "
13
14 Sol man aber derentwegen das Kloͤsterliche Leben haben außgemustert/ so
15 muͤste man viel andere Staͤnd gar außmusteren: von welchen Salvianus vnder anderen
16 viel geschrieben. Vnsere Widersacher wissen auch/ wie offt Luther vnd sie selbst
17 von denen in gantzen Gemeinden durchgehendts herrschenden Lastern geschrieben vnd
18 gepredigt haben.
19 3. Zum Dritten/ kan auch kuͤrtzlich erinnert werden/ wie Crocius durch anziehung
20 der Spruͤch S. Augustini / S. Cypriani / S. Hieronymi sich selbst in die Backen
21 hawe. Er sagt/ Augustinus woͤlle allein der heiligen Schrifft durchauß glauben.
22 Vnd zeugt dessen Spruch gleich an/ darin er sagt/ er glaube was jhm entweder durch
23 Canonische Scribenten/ oder glaublichen Beweiß wirdt beybracht. Nemblich er hat
24 allem Wort Gottes geglaubt/ welches jhm durch die Heilige Catholische Kirch fuͤrgehalten
25 ward/ wie er mehrmahlen bezeugt.
26 S. Cypriani Wort/ welche von Crocio angezogen werden/ seind allen die von
27 der Catholischen Kirchen abgewichen seind/ sehr zuwider: ob sie dieselben schon durch
28 eine seltzame draͤhung des/ was auß Jeremia von den zerstoͤrten Cisternen darin gesagt
29 wirdt/ auff vnsere Bilder zwingen wolten/ darvon kein schein ist.